Feuer, Funkenregen und ein slippender Anker

Wir setzen für den kurzen Schlag von der Blue Lagoon rüber nach Bequia das Groß im 2ten Reff. Die 9 sm sind keine Entfernung und wir haben Zeit. Trotz des 2.Reffs pflügt INIVIA auf Halbwindkurs bei 5 – 6 Bft Windstärken mit 9-10 kn durchs Wasser und wir sind in 1h Stunde fast am Ziel. Kurz bevor wir in die Admirality Bay eindrehen, schiesst ein Dinghy auf uns zu. Der Mann darin trillert laut mit einer Pfeiffe, stoppt & zielt mit etwas auf uns, gibt wieder Gas & kommt näher. Was zum Henker macht der? Und was will der von uns?

Er kommt nochmals ganz nahe – und jetzt erkenne ich, dass er eine Kamera mit Teleobjektiv auf uns richtet. Wir sind total verdutzt: Was soll das?

INVIA vor Bequia: Was zum Henker will der Typ da draussen? Wieso trillert der immer mit seiner Pfeife? Und womit zielt der auf uns?
Ach ja klar – der will Fotos machen! Aber wieso?
INVIA vor Bequia mit 2 verdutzten Eignern an Bord
Ich verschwinde kurz im Salon und suche die Kamera, um den Typen slbst zu fotgrafieren. Man weiß ja nie….

Erst ganz zum Schluss wird mir klar: Das ist ein Fotograf, der Bilder von ankommenden Yachten macht, in der Hoffnung später einen Käufer dafür zu finden. Genau so ist es auch: Tags drauf kommt Kenmore Henville, so heißt der Fotograf, zu uns. Gibt mir einen Umschlag mit einem schönen Foto der INVIA unter Segeln und einem USB Stick darin. Die Fotos auf dem Stick sind toll – ich investiere die 170 USD und kaufe sie ihm alle ab. Hätten wir nur vorher gewusst, was da abgeht! Dann hätten wir auch freundlichere Gesichter gezeigt, uns ein wenig in Pose geworfen, um noch bessere Bilder zu bekommen.

Das Innere der Admirality Bay ist mit Bojen besetzt. Weil man nie weiß , wie sicher diese Bojen verankert sind, bevorzuge ich – wo immer möglich und sinnvoll – zu ankern. Dann habe ich es selbst in der Hand. Machen wir auch hier so, was allerdings bedeutet, dass wir etwas weiter nach draussen müssen. Wir gehen an den Beginn der sog. Prinz Margret Bay. Abends ein leckeres Essen im Fig Tree Restaurant (mit ner netten 3-Herren-Mixband-zugezogen-einheimisch) und zurück aufs Schiff.

Countrymusik im Figtree Bequia

Feuer, Funkenregen, und ein slippender Anker

Während die leicht erkältete capitania eine ihrer Netflix-Serien guckt, hält mich ein Funkenregen wach. Vor uns ankert ein Kat, dessen Crew offenbar einen Holzkohlegrill benutzt und sich dann schlafen gelegt hatte. Der Grill aber wurde nicht gelöscht und so weht– angestachelt durch den kräftigen Wind von bis zu 30 kn – ein wahrer Funkenregen durch die Bucht. In Richtung INVIA, denn der Kat liegt ja genau vor uns im Wind. Mehrmals leuchte ich mit unserer starken Taschenlampe (Danke nochmals an Michael für dieses geniale Geschenk!) in die Türen und Fenster des Kats, auch mit Stroboskop-Blitzen. Aber niemand reagiert. Der Wind nimmt phasenweise zu und der Funkenflug wird intensiver: Der Kat kommt näher, er driftet! Offenbar hat der Skipper viel zu wenig Kette gesteckt, denn der Ankergrund ist an sich gut.

Ich leuchte jetzt aggressiver, mit voller Kraft und eingestreuten Blitzen, hole die capitania zur Hilfe. Beide brüllen wir aus vollem Hals – aber niemand reagiert. Wir holen die Fender raus, wenngleich uns klar wird: Abzufendern gibt es da nichts. Denn der Kat driftet mit seinem Heck exakt auf unsere beiden Bugspitzen und den Bugspriet zu.

Das wird einen ordentlichen Schaden geben!

Erst als ich den recht klein geschriebenen Namen des Kats lesen kann, diesen aus vollem Hals laut (in den Wind!!) brülle, zeigt sich jemand. Da sind es buchstäblich nur noch wenige Zentimeter, die uns voneinander trennen. Die völlig überraschte Crew in Unterhose weiß erstmal gar nicht, was sie tun soll. Ich brülle nur (auf Englisch): „Startet die Motoren, startet sofort Eure Motoren!“. Machen sie dann auch und geben Vollgas nach vorne. Ich sehe es im Geiste schon krachen, denn wir sind extrem nah und der Kat bricht leicht seitlich aus – aber es geht gut. Um Haaresbreite: Gefühlt fehlten nicht mehr Zentimeter sondern Millimeter.
Der Kat ankert dann neu etwas versetzt Richtung Ufer, auf etwa selber Höhe aber nicht mehr vor uns. Von der Crew habe ich nichts mehr gehört und gesehen. Keiner kam am Morgen um bspw. nachzufragen ob etwas beschädigt wurde o.Ä.

Es kann jedem mal passieren, und ist wohl auch schon jedem Fahrtensegler passiert, dass ein Anker nicht hält. Aber sich dann beim anderen nicht mehr zu melden ist doch ein sehr unschönes Verhalten.

Ansonsten genießen wir die viele Infrastruktur der Admirality Bay, die sehr auf Yachties eingestellt ist. Dinghystege, viele Bars und Restaurants mit Livemusik, Marineservice und Ausstatter (Achtung bei der Preisgestaltung!). Um 8 Uhr morgens gibt es auf Kanal 68 vom Restaurant Figtree eine Funkrunde mit Neuigkeiten, Tipps, Angeboten, Wetter – nett ist das. Schön ist auch, dass man vom Ort Port Elizabeth am Meer entlang bis zu den Stränden der Bucht laufen kann. Und die sind traumhaft – türkises Wasser wellt an weiße Strände.

Bequia, Admirality Bay mit Weg am Meer

Hier finden wir auch den seit längerem fälligen Skipperfriseur. Der von Damen geleitete Friseurladen in der örtlichen Mall (netter Begriff für ein seehr kleines Shoppingcenter) winkt ab: Zu kurz sind die Skipperhaare, das sei was für den Barber. Den gibt es z.B. vor dem Obst-und Gemüsemarkt. Warten ist angesagt: Beide Friseure in dem Laden, der ohne jedes Wasser auskommt (abgesehen von den Sprühflaschen fürs Haarebefeuchten), haben gut zu tun. Macht nix – wie gesagt ist ja das reinste Paradies (in Form eines Obst- und Gemüsemarkets) für die capitania gleich nebenan. Sie nutzt das natürlich und kommt schwer beladen mit allem möglichen zurück. Unter anderem Sapodilla: Einer unscheinbar glatten braunen und sehr leckeren heimischen Frucht. Sie berichtet von – sagen wir – engagierten Verkäufern.

Im Markt gibt es gar einen Aufdruck, wonach Käufern freie Wahl gelassen werden solle und man nicht mit zB Probestücke in den Mund stecken Käufe forcieren sollte. Die capitania berichtet, einer der älteren Verkäufer habe ihre Wange gestreichelt und gemeint, sie habe ein sehr schönes Gesicht… Wo er Recht hat, hat er Recht!

Port Elizabeth, Obst- und Gemüsemarkt
Der Skipper beim Barber in Bequia

Wir möchten gerne mehr von der Insel sehen. Aber zwischen 30 und 35 USdollar die Stunde für eine Taxifahrt, das ist aus unserer Sicht völlig überzogen und Touristenpreis. Wir fragen die sehr freundliche Dame in der Touristeninfo gleich neben dem Taxenplatz. Es gibt sogenannte Dollarvans, die für 2 Eastcarribean Dollar pro Strecke und Person Richtung Flughafen Bequia fahren. D.h. sie fahren an der Friendship Bay vorbei, der 2. Ankerbucht auf Bequia an der Windward Seite. Die möchten wir uns gerne anschauen. Die Dame meint zwar, der Morgen sei günstiger, weil am Nachmittag die Schulkinder zu transportieren seien und überhaupt mehr los sei.

Aber da irrt die gute Frau: Denn genau das wollen wir erleben.

Warten auf das Sammeltaxi

Die Dollarvans starten am Platz vor dem Fährterminal neben der Touriinfo. Der Fahrer beordert uns auf die Plätze neben ihm. Und bietet uns an, uns auf einem Rundkurs hin- und zurück mitzunehmen. Dafür will er von uns wenig Geld mehr haben, das gönnen wir ihm gern. Wir fahren zunächst mit zum Flughafen. Auf der Strecke hält der Fahrer an mehreren Preschools. Die starten ab 3 Jahren und wirklich kleine Kinder in Schooluniform werden vom Begleitboy des Dollarvans aus der Schule abgeholt und ins Auto verfrachtet. Beim Aussteigen passen Leute aus dem Bus oder solche vom Straßenrand auf, dass die Kinder sicher nach Hause kommen.

Das is einfach typisch für den (latein)amerikanischen Teil dieser Welt, und auch für die Karibik: Der Mensch und das menschliche Zusammensein zählt noch viel mehr. Der Mensch und die Rücksicht aufeinander steht im Mittelpunkt, nicht nur im Strassenverkehr. Man achtet aufeinander.

Preschool Port Elizabeth
Preschool

Wir werden vom Fahrer gebeten, in der Nähe des Flughafens auszusteigen und kurz zu warten. Er fährt von dort aus steil einen Hügel hinauf, wahrscheinlich musste er Gewicht sparen und hat uns daher kurz ausgeladen. Wir warten in Resten eines Autowracks, das als Wartebank umfunktioniert wurde. Und erfahren von den Einheimischen, dass schräg gegenüber eine Kirche gebaut wird, in der auch eine Preschool untergebracht werden soll. Damit die Kleinen nicht schon so weit Taxi fahren müssen. Die Religionsgruppe sagte uns nichts, aber es gibt auf den Inseln viele kleine christliche Kirchengemeinden.

Wartebank Autowrack

Wir steigen ein und fahren bis zur Friendship Bay. Blicken auf Petit Nevis, die Nachbarinsel, und einige der zahlreichen Cays. Ganz anders als in der Admirality Bay ist es hier. Windzerzaust.

Ostküste mit Blick auf Petit Nevis
Ostküste

Aber schön. Und das größte Hotel von Bequia, das wirklich schöne Bequia Beach Hotel, liegt mit netter Bar am Strand.

Bequia Beach Hotel
Spaziergang in der Friendship Bay auf der anderen Inselseite
Friendship Bay
Friendship Bay
Friendship Bay, Autowrack die xte….

Der Fahrer hält im größten Fischerhafen der Insel. Er will möglichst noch Lobster einsammeln, wie schon bei der Tour zuvor. Aber der Taucher dort hatte kein Glück.

Lobster-und Muscheltaucher

Es geht zurück nach Port Elizabeth. In der örtlichen Kfzwerkstatt ist ein Bär eingesperrt!

Gefangen in der Autowerkstatt Port Elizabeth

Und die Haustiere wirken wenig lebendig :

Haustiere auf dem Balkon
Erweiterte Bildergalerie:

Eine Antwort auf „Feuer, Funkenregen und ein slippender Anker“

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.