Die Suche nach dem richtigen Schiff

Es ist unser erstes eigenes Schiff, nachdem wir zuvor immer nur gechartert hatten. Der erste Wurf sollte also passen. Ich wollte unbedingt vermeiden, nach 1 Jahr fest stellen zu müssen, dass ein ganz anderes Schiff uns doch viel besser passen würde. Um mir ein besseres Bild zu machen und Erfahrungen zu sammeln, haben wir für die Ferien- und Familientörns unterschiedliche Schiffsgrößen gechartert, habe ich etliche Skippertrainings- und Weiterbildungstörns in diversen Revieren auf unterschiedlichen Schiffstypen und –größen gemacht. Auf den üblichen Messen habe ich mir Schiffe von Innen und Aussen angesehen, hin- und her überlegt, die eigenen Wünsche und Anforderungen rekapituliert, verworfen und neu zusammen gestellt.
Wichtig war mir zum Einen Komfort, aber auch Seefestigkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit – und Schnelligkeit. Es ist wie bei einem Auto: Ein Sportwagen ist meist nicht komfortabel, und einem Reisevan mangelt es wiederum an Sportlichkeit.

Schnelligkeit

bei einer Fahrtenyacht betrachte ich als weiteren Baustein meines Wunsch nach Sicherheit & Komfort:
Ein schnelles Schiff kann eher einem aufziehendem Sturm entkommen (=Sicherheit). Und mit einem schnellen Schiff wird man sich eher aufmachen, noch die eine oder andere entlegene Bucht oder Insel zu besuchen – statt diese wegen der langen Überfahrt auszulassen (=Komfort). Gerade letzteres haben wir inzwischen mehrfach genutzt.

Überhaupt keine Rolle spielte und spielt Schnelligkeit fürs Regattasegeln. Regatten mögen für viele Segler spannend sein – mir gehen sie schlichtweg am A… vorbei:

Ich brauche Regattasegeln so sehr wie ein Fisch ein Fahrrad.

Unter Regattasegler sind bestimmt auch nette Menschen. Aber sie verstehen unter Segeln ganz etwas Anderes. Ich zitiere dazu den mehrfachen Weltumsegler Wilfried Erdmann aus einem seiner Bücher:

Regattasegler haben das gleiche Interesse am Fahrtensegeln wie ich am Stricken.

Dass es schlussendlich ein Katamaran wurde, haben wir dem zweimaligen Besuch von Bobby Schenk´s Blauwasser-Seminar auf der Interboot in Friedrichshafen zu verdanken.

Vorteile eines Katamarans

Bobby wird seit Jahrzehnten nicht müde, die Vorteile des Katamaran Konzepts fürs Fahrtensegeln hervorzuheben. Seine Argumente haben mich beeindruckt und dazu gebracht, mich eingehender mit einem Kat zu befassen. Bisher hatten mich bei einem Kat immer die schlechten (Am-Wind) Segeleigenschaften und mangelnde Seefestigkeit bei Schwerwetter abgeschreckt. Was aber auch daran liegt, dass die große Mehrzahl der heute gebauten Kats mehr an eine Bohrinsel denn an ein Segelschiff erinnert:

Viele Kats sind als schwimmende Badeplattform mit Mast konstruiert. Herrlich bequem, mit viel Platz, ordentlich motorisiert – und unzählige Tonnen schwer.
Als ideales Charterschiff bieten diese Kats viel Platz und Komfort für eine große Crew. Fürs küstennahe Segeln und Urlaubstörns – wo ein Charterschiff nun mal zum Einsatz kommt – sind das genau die richtigen Eigenschaften. Performance und Seefestigkeit sind zweitranging. Nun wird zwar der erwähnte Bobby Schenk ebenfalls nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen dass insbesondere die Am-Wind Segeleigenschaften eines Schiffs für den klassischen Barfussrouten-Weltumsegler von untergeordneter Bedeutung sind. Wichtiger sei der Wohnkomfort. Schließlich verbringt man etwa 80% seiner Zeit im Hafen oder am Ankerplatz und nur 20% wirklich segelnd auf dem Wasser. Und von diesen 20% ist man ohnehin meistens vorwindig im Passat unterwegs.

Spaß am Segeln

Das aber ist mir zu wenig, ich möchte auch noch Spaß haben am Segeln. Und – wie oben erwähnt – zwingend ein Schiff das mir die die Möglichkeit bietet, auch mal entlegenere Punkte abseits der großen Routen anzusteuern. Ich segle nicht, um den ausgetretenen Pfaden der großen Herde hinterherzulaufen. Ich möchte reisen und dabei Neues erkunden. Womit wir wieder beim Thema Schnelligkeit und (Am-Wind) Segeleigenschaften sind.
Nach diversen Messebesuchen und einigen Probesegeln traf ich bei einem Kat-Training auf einer Fountaine Pajot in Mallorca die Schweizer Gabriella und Michael, die im Herbst für 1 Woche eine Outremer 45 gechartert hatten. Sie luden Dorothee und mich zum Mitsegeln ein.

Diese Woche hatte mich überzeugt : Das Konzept von Outremer ist genau das richtige für uns. Leicht, schnell, seefest, komfortabel, kein unnötiger SchnickSchnack (der unterwegs kaputt gehen wird) – fahrtentauglich.

Zwangsweise bietet eine Outremer deutlich weniger Platz als andere Kats derselben Länge: Die Rümpfe einer Outremer sind lang gezogen und schmal. Dadurch wird der Kat schnittiger, kann mehr Segelfläche vertragen und ist erheblich leichter. Überhaupt spielt das Gewicht bei Design und Auswahl der Komponenten eine wichtige Rolle.

Beeindruckt hat mich zudem die große Zahl von Outremer Kats, die wirklich auf Langfahrt oder gar Weltumseglung fahren: Ich fand kaum Eigner bzw. kaum Schiffe, die nur die Küstenreviere besegelten. Zähneknirschend musste ich aber auch die Preisliste von Outremer zur Kenntnis nehmen. Boten doch die oben erwähnten Hersteller für weniger Geld ganz erheblich mehr Komfort, Platz und Ausstattung! Aber auch erheblich mehr Gewicht. Was nicht nur auf die umfangreichere Ausstattung sondern auch auf die industrialisierte Massenfertigung zurück geht: Eine auf standardisierte Produktion ausgelegte Bauweise bedeutet im GFK-Schiffsbau zwangsweise auch mehr Gewicht.

Fertigungsqualität von Outremer

Dabei ist die Fertigungsqualität von Großserien-Kats „System Bohrplattform“ durchaus beeindruckend. Was man von Outremer leider nicht sagen kann: Die südfranzösische Lebensart und Mentalität, das schnelle Wachstum der Werft und der eine oder andere Grund mögen die Ursache dafür sein, dass es in letzter Zeit immer häufiger zu Klagen über Schlampigkeiten in der Produktion (primär beim Komponenten-Einbau) kommt. Auch unsere INVIA ist davon – leider – keine Ausnahme. Doch dazu später mehr.

Um auch bei starker Welle noch Seefestigkeit zu gewährleisten, ist bei einem Kat neben der Bauweise und dem Design auch die schiere Größe (Länge) wichtig. Nicht von ungefähr betrachten die Australier einen Katamaran von unter 40 Fuß Länge als nicht seegängig bzw. nicht schwerwettertauglich.
Dies alles floss in meine Überlegungen mit ein. Schlussendlich war klar, dass das geplante Schiff noch eine Nummer größer werden müsste. Ein Katamaran ist gewichtsempfindlich: Performance und Sicherheit leiden sehr schnell, sobald ein kritisches Maß an Zuladung überschritten wird. So gingen die Überlegungen ursprünglich in Richtung eines 40 – 45er Monoholl mit Mittelcockpit, zu einem 41 – 45 er Katamaran.

Die Schiffsgröße

Outremer baut im Wesentlich 3 Schiffsgrößen. Die 45er bildet das Einstiegsmodell. Ein schönes Schiff – aber für mich in vielen Belangen zu limitiert. So ist kein Generator möglich, und auch Dinge wie ein Tauchkompressor lassen sich schwer unterbringen. Die max. sinnvolle Zuladung ist schnell erreicht.

Basierend auf der 45 gibt es noch die Variante „4X“: Quasi die Rennversion der 45er mit nochmals verringertem Gewicht, Carbon-Drehflügelmast, verlängerter Wasserlinie durch verlängertes Heck (de fact do eine 49er) etc. Bei ansonsten identischem Platzangebot. Wiederum ein sehr tolles Schiff, mit beeindruckender Performance. Aber die Auslegung geht zu sehr in Richtung Racing & Regatta – nicht mehr meine Welt.

Als Spitzenmodell gilt die 5X: Mit einer Länge von 59 – 60 Fuss deutlich größer. Ich habe einige Zeit mit diesem Modell geliebäugelt, mich schlussendlich aber dagegen entschieden. Eine 5X in einer engen Marina zu manövrieren – da stößt man dann doch schnell an Grenzen. Auch die auf Segel und Schoten lastenden Kräfte sind eine andere Hausnummer. Mir war alles ein Tick zu viel.

Daher haben wir uns für eine 51er entschieden. Die 51er ist eine Weiterentwicklung der bisherigen 49er und das meistverkaufte Outremer Modell.

Über INVIA