El Cabrito

Und wieder sind die Berggipfel in Wolken gehüllt. Wir entscheiden uns für eine Küstenwanderung, wenn wir es packen bis zur Playa Santiago und mit der Fähre zurück. Bis zur ehemaligen Kommune und heutigem Hotel El Cabrito packen wirs. Dort machen wir eine längere Rast und beschliessen, dass der Weiterweg zu lange dauert und gehen denselben Weg zurück.

Panoramabild El Cabrito -anklicken!
Playa de la Guancha, auf halber Strecke zwischen San Sebastian und El Cabrito
Von La Guancha weiter nach El Cabrito

Die Landschaft ist beeindruckend

Die Hotelanlage irgendwie auch. Die Geschichte des Hotels (siehe weiter unten), den „Geist“ einer ehemaligen Kommune, spürt man auch noch heute noch. Das Hotel ist nur zu Fuß aus San Sebastian über einen etwa 2 ½ stündigen Fußmarsch erreichbar. Oder vom Meer aus, per Boot mit eigenem Landesteg. Im Hotelrestaurant wird keine Verpflegung an externe Gäste verkauft. Es gibt aber für uns Wanderer frisches Brunnenwasser, mit dem wir gratis unsere Flaschen auffüllen können. Und ein Getränkeautomat bietet zum sehr fairen Preis von 1 €uro Softdrinks und sogar Dosenbier an. Dass wir dazu zwangsläufig das Privatgelände der Hotel-Anlage betreten müssen & dürfen, ist nett und mehr als in Ordnung.

Schild auf dem Wanderweg am Rande des Hotelgeländes

Möglicherweise passt ein Cafe für externe Gäste auch nicht ins Konzept einer ökologischen Selbstversorgung, denn es müssten wohl zu viele Lebensmittel von aussen importiert werden. Vor allem aber müsste es ein a la carte Angebot geben – was wohl nicht ins Hotelreglement passt. Denn das fällt bei meinem neugierigem Blick ans schwarze Brett der Rezeption auf: Vieles ist reglementiert. Mittag- und Abendessen zu fest fixierten Zeiten, Eisverkauf aus der Eistruhe (nur für Hotelgäste) ausschliesslich von 14:00 bis 14:45.

Es gibt 2 eigene Motorboote, mit denen man sich für 5 €uro pro Person zu festen Zeiten nach San Sebastian fahren lassen kann – vorausgesetzt man hat sich bis spätestens am Vortag per Formular angemeldet. Handy-Empfang gibt es in der abgeschlossenen Bucht nicht, Hotelgäste können sich aber an der Rezeption einen WLAN Voucher holen mit dem man in der Bibliothek ins Internet gehen kann. Gültigkeit des Vouchers: max. 1h – mehr ist offenbar nicht erlaubt. Angeboten werden auch zahlreiche Selbstfindungs- & Seelenheil- , aber auch Yoga- oder Schnorchelkurse und geführte Wanderausflüge.

Schlucht mit Hotelanlage El Cabrito
Die Hotelanlage El Cabrito

Die Geschichte: eine ehemalige Kommune

Das heutige Hotel El Cabrito hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ich zitiere, teils abgekürzt, zunächst mal aus der Website des Hotels:

„Der Bogen spannt sich vom Bananenanbau über ein kommunitäres Lebensexperiment bis zum ökologischen Tourismus mit integrierter Bio-Landwirtschaft. Der Zauber dieses Ortes mit seiner besonderen Lage in einem geschützten Tal unmittelbar am Atlantik motivierte ein Team von Idealisten schließlich zu dem Versuch, El Cabrito als Urlaubsparadies zu erhalten. Seit 1991 steht die Finca für Gäste offen. Das renovierte Herrenhaus und die ehemaligen Landarbeiterunterkünfte beherbergen heute Urlaubsgäste aus vielen Ländern.

Unsere Stammgäste schätzen an El Cabrito nicht zuletzt die einmalige Möglichkeit, Erholung und Urlaub mit ökologischen, ästhetischen und sozialen Aspekten zu verbinden.“

Und weiter aus der Hotel-Website:

„Eine experimentelle Lebensgemeinschaft, die 1972 gebildet und nach ihrem Begründer Otto Mühl (auch bekannt als Künstler des Wiener Aktionismus) benannt wurde, kaufte 1987 die Finca El Cabrito. Ihre mehr als dreihundert Mitglieder, die in ihrem Zentrum Friedrichshof bei Wien sowie in verschiedenen Städten Europas lebten, suchten nach dem Unglück von Tschernobyl einen Ort, an dem sie vorerst gemeinsam Urlaub machen und später auch leben konnten.

Mit der Absicht später selbst in El Cabrito leben zu können, widmete sich die Kommune dem Wiederaufbau des verwaisten Terrains. Sie renovierte alle bestehenden Gebäude, reparierte die Natursteinterrassen und die drei Stauseen und Brunnen und reaktivierte die Landwirtschaft. So sind viele der ursprünglichen Einrichtungen und Gebäude der alten Finca erhalten geblieben und prägen bis heute den vorindustriellen, bäuerlichen Charakter der Anlage. Zudem bauten sie eine Küche, eine biologische Kläranlage, installierten Solarenergie, moderne Bewässerungssysteme und errichteten Werkstätten, Malateliers und Büros.

Doch schon während der Wiederaufbauarbeiten waren in der Kommune Entwicklungsprozesse im Gange, die 1990 zu ihrer Auflösung führten. El Cabrito war sozusagen ihr letztes gemeinsames Projekt. Im Zuge der Auflösung wurde eine Genossenschaft gegründet und das Eigentum an El Cabrito in diese eingebracht. Jedes Kommunemitglied bekam einen gleichgroßen Anteil am gesamten Vermögen in Form von Genossenschaftsanteilen überschrieben. Otto Mühl schied kurz danach aus.“

 

Über Otto Mühl selbst findet sich Diverses im Internet. Ich zitiere mal gekürzt aus http://www.allesroger.at:

„Die HorrorKommune des Otto Mühl“

„Mit dem Ausleben einer gesellschaftlichen, sozialistischen Utopie in der Kommune am Friedrichshof stürzte Otto Mühl viele Menschen ins Unglück.

Mühl gründete trendig Anfang der 70er eine Kommune in der Wiener Praterstraße. Nebst „revolutionären“ Betätigungen ging es den zumeist aus gutbürgerlichem Haus stammenden Mitgliedern vor allem um die „freie Sexualität“. Diese wurde als revolutionärer Akt gesehen und verband die Gruppe. Die meisten Kinder, die gezeugt wurden, wussten später nicht, wer ihr Vater war. Mühl tat sein Bestes, um seinen Samen an möglichst viele Frauen zu verteilen. Er fand viele Fans in der Wiener Kunst- und Anarchoszene.

Ab 1973 galt ein strenges Zweierbeziehungsverbot, knapp nachdem Mühl seine Freundin verloren hatte.

Mühl sah sich ab Mitte der 80er-Jahre als Monarch und wollte seinen Sohn als Thronfolger. Er betonte immer seine genetische Überlegenheit gegenüber anderen Menschen und nahm das Recht in Anspruch, mehrere Frauen zu haben, mit denen er zumindest elf Kinder produzierte. Kritische Kommunarden wurden verfolgt und Mühl forderte, Abweichler gezielt anzugreifen. Ehemalige Führungskader fielen in Ungnade und immer mehr Kommunarden waren dem Druck nicht gewachsen, der keinerlei Selbstbestimmung und Intimität erlaubte. Der Entzug persönlichen Besitzes und die Kollektivierung der Sexualität bedeutete die totale Diktatur Mühls.

Nach Fernsehberichten und Artikeln über den Friedrichshof regte sich großer Unmut, aber die Regierung Kreisky schützte das „realsozialistische“ Projekt des Genossen Mühl. Die Kommune war das Feindbild konservativer Gruppen. Hatte es zuvor Öffentllichkeitsarbeit durch die Kommune gegeben, so wurde diese 1984 eingestellt.“

Soweit aus http://www.allesroger.at. Wikipedia oder einfach nur Google liefert weitere Hintergrundinfos zu Otto Mühls Kommune und auch deren Aktivitäten auf La Gomera.

Bildergalerie:

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