Wir sind scheinbar umgeben von Häfen. Liegen wir doch seit Tagen bei Bullock Harbour vor Great Harbour Cay. So wenig wie das Häfen sind, so ursprünglich ist der Inselname. Geschichten von „Gangstergeld“, Spielsalons, Golfcourts und einem einstigen Treffpunkt der Celebrities umranken den sehr netten einzigen Inselort Bullock Harbour.
Great Harbour Cay ist quasi ein Kunstname, geschaffen nach dem Verkauf von Teilen der damals noch Manalapan Island heißenden Insel.
Der Kanadier Lou Chessler benannte die Insel für seine ehrgeizigen Projekte um in Great Harbour Cay. Er investierte ab Mitte der 1960er Jahre fast 40 Millionen Dollar. Mit Marina, Flugzeug-Landebahn, Golfplatz, Hotel und Appartements wollte er ein Mekka der Reichen schaffen. Dank Süßwasservorkommen war man in der Lage, riesige Wasserspeicher zur Bewässerung des Golfplatzes anzulegen. Für die Marina wurde künstlich ein Kanal durch Felsen zu vom Wind geschützten Lagunen im Inselinneren geschlagen.
Dahinter stand angeblich kubanisches Geld. Es heißt, zu Fidel Castros Zeiten sei neben anderen kubanischen Vermögenden auch der bekannte „Gangster“ Meyer Lansky von Kuba in die USA umgesiedelt (https://en.wikipedia.org/wiki/Meyer_Lansky). Er habe in den Bahamas Spielcasinos aufbauen wollen. Da das damals ungesetzlich war, brauchte er Umwege wie Hotelprojekte, um sein Ziel politisch opportun zu machen. Offenbar war er dabei erfolgreich, denn 1969 wurde in den Bahamas ein lotteries and gambling act verabschiedet, auf dessen Grundlage 3 Hotels mit Casinos für Touristen gebaut wurden. Was hingegen aus den hochfliegenden Plänen von Chessler wurde, sehen wir vor Ort bei unseren Inseltouren. Während Anfang der 1970er Jahre der Golfplatz und das Hotel noch Filmstars und Vermögende anzogen, stehen vom Clubhaus beim Golfplatz heute nur noch Ruinen. Und von den „Rondettes“, die rund um Clubhaus und Golfplatz als Hotel dienen sollten, sehen wir gar nichts mehr.
Geblieben ist der Beachclub als inzwischen am längsten betriebene Bar der Insel.
Leider ist sie bei unserem Besuch im Mai geschlossen. Wir hören, im Juni flögen die Villeninhaber ein, dann werde es voll auf der Insel. Und dann öffnet auch die Beachbar wieder.
Die Villen reihen sich entlang der Windwardseite an einen Strand, der mal nicht vom türkisblauen Wasser umspült wird. Das Wasser dort ist grün und lockt uns, die wir aus den Raggged Islands und Exumas verwöhnt sind, nicht ganz so. Die Vegetation abseits der Palmen erinnert mit Nadelbäumen und Gräsern an deutsche Nord-/Ostsee.
Aber es hat ihn auch hier, den türkisblau und gelb leuchtenden Strand. Im Süden von Great Harbour Cay liegt er, der Shelling Beach. Traumhafte Farben hier.
Wir haben das Glück, von der Marina Fahrräder ausleihen zu können für eine Erkundungstour zum Shelling Beach. Zwar sind die Räder für Marinagäste reserviert und das sogar kostenfrei. Wir sind eigentlich keine Marinagäste, aber kurzerhand reicht aus, dass wir unser Dinghy vor dem Marina Office vertäuen, um nach Fahrradleihe zu fragen.
Und so können wir bis zum Shark Creek im Südwesten der Insel fahren. Ein Salzwasserarm mit tollsten Wasserfarben zieht sich gesäumt von Mangroven ins Inselinnere. Leider zu seicht und eng, um ihn mit dem Dinghy zu erkunden. Mit einem Kajak sollte das gehen, sofern man sich vor den Shelling Beach verankert. Der Shark Creek gilt als Aufzuchtstätte und Lebensraum vieler Meeresbewohner. Auch Haie soll es geben. Wir meinen vom Ufer aus mindestens 3 im Wasser zu sehen.
Die Inselerkundung im übrigen machen wir zu Fuß. Jeder Autofahrer grüßt. Wir fühlen uns hier willkommen, nicht zuletzt dank der Infrastruktur für uns Segler wie Dinghydock und Möglichkeiten zur Müllentsorgung gleich dort.
Als ich einen Tag alleine unterwegs bin, stoppen gleich mehrere und bieten mir eine Mitfahrgelegenheit. Während mich der Captain am Dinghysteg nach meiner Tour einsammelt, wird ihm von den Einheimischen versichert, man habe auf mich aufgepasst. Ein Herr meint sogar, er habe mich dreimal mit dem Auto passiert und sich vergewissert, dass es mir gut gehe. Entsprechend wohl fühlen wir uns.
Wir sind sehr froh, dass wir hier zusammen mit Martina und Daniel von der Vairea und Simone und Peter von der Boheme auf ein passendes Wetterfenster für unseren Schlag an die USostküste warten und uns austauschen können. Ein großer Dank an Peter, der uns nicht nur seine Dieselkanister für das nochmalige Volltanken der INVIA ausleiht, sondern zusammen mit dem Captain per Dinghy die schweren vollen Kanister von der Marinatankstelle holt.