Nachdem wir mit der INVIA fast ausschließlich die Südküste Puerto Ricos erkundet hatten, wollen wir der Insel eine zweite Chance geben. Mit dem Mietwagen umrunden wir die ganze Insel im Gegenuhrzeigersinn. Wir nehmen uns für 1 Nacht ein schönes Hotel im Zentrum der Altstadt von San Juan. Die Hauptstadt begeistert uns – andere Orte wirken wie ausblutend. Puerto Rico, du hast unsere Herzen nicht gewonnen.
Wie auf den anderen karibischen Inseln auch wurden die Ureinwohner Puerto Ricos von europäischen Kolonialherren zurück gedrängt. Sie wurden versklavt, starben bei dem Versuch, der Sklaverei zu entkommen oder starben schlichtweg an den neuen europäischen Krankheiten, auf die das karibische Immunsystem nicht vorbereitet war.
Nach der Entdeckung der Insel durch Christoph Columbus 1493 begann die spanische Besiedlung Anfang des 16 Jahrhunderts. Puerto Rico hatte große strategische Bedeutung als Handelsstützpunkt zwischen Europa und Amerika. Die spanischen Kolonialherren bauten Festungen mit dicken Mauern, um Angriffe von Franzosen, Engländern und Holländern abzuwehren. Heute zeugen mediterran anmutende Straßenzüge in Städten wie San Juan, Ponce und Arrecibo davon, wie sehr die Spanier ihre eigene Kultur fern der Heimat weiter geführt hatten. Gepflegt wird das Kulturgut heute nur an einigen der Orte, allen voran San Juan und Ponce.








Am deutlichsten sehen wir den Verfall der spanischen Kolonialbauten in Arrecibo. Hier verfällt der Großteil. Der Ort wirkt allerdings auch insgesamt „ausblutend“. Müll stapelt sich am Rande eines ehemals schönen Platzes. Die Finanzverwaltung ist im Erdgeschoss eines Gebäudes an der Kolonialzeit angesiedelt, seit 2019, wie eine edle steinerne Tafel verkündet. Die beiden Stockwerke obendrüber verfallen massiv. Neben dem Verfall gibt es aber auch eine Reihe bunt bemalter Fassaden, die Engagement zeigen.


Hier sieht man sehr deutlich die wirtschaftliche Situation Puerto Ricos. Die Insel ist amerikanisches Außengebiet und das ärmste der amerikanischen Herrschaftsgebiete. Die Armutsrate liegt bei 45%. Puerto Rico musste 2017 die Zahlungsunfähigkeit erklären. Viele Puerto Ricaner sind ausgewandert und stützen mit Überweisungen ins Heimatland Familie und Wirtschaft. Wir haben den Eindruck, es gibt einige wenige Gebiete vor allem an der Nordküste, in denen ein gewisser Wohlstand herrscht und investiert wird. Andere Gebiete sind regelrecht abgehängt. Dort leben zwar fast alle im eigenen Haus. Dieses ist im Regelfall jedoch sehr klein, einstöckig, kaum Grund drumherum. Oft eine Mauer vor dem Grundstück, zumindest aber Gitterzaun. Gitter meistens auch an den Fenstern. Dunkel muss es sein in diesen Häusern, die dicht an dicht stehen und zumeist Rückwand an Rückwand gebaut werden, also fensterlos nach hinten raus. Ein Auto hat jeder. Ohne kommt man hier auch nicht zurecht, denn einkaufen am Ort ist schwierig. Vielmehr fährt man dazu in einstöckige Shoppingmalls, die im Gegensatz zur meist geringen Wohnfläche der Puerto Ricaner riesige Grundstücksareale einnehmen.
Die Menschen tragen konsequent Maske – tagsüber unter der Woche. Am Abend und vor allem am Wochenende mag man aber trotz Covid eng beisammen sitzen oder mit mehreren Motorbooten aneinander vertäut das Meer genießen. Entsprechend hoch sind die Covidzahlen.

Wirklich begeistert hat uns San Juan. Wir fühlen uns in der sehr gut restaurierten Altstadt in eine spanische historische Mittelmeerstadt versetzt. Die gesamte Altstadt ist wegen ihres Erbes aus der Kolonialzeit UNESCO Weltkulturerbe.






Unterhalb der Altstadt und außerhalb der schützenden Stadtmauern liegt der Bezirk La Perla. Ehemals Wohnort der Sklaven ist das jetzt ein buntes Viertel, durch das jedenfalls wir nur bei Tag gehen mögen. Das Musikvideo zum Ohrwurm Despacito wurde hier gedreht.

Puerto Rico hat Regenwald und Trockenwald, wüstenähnliche Gebiete und grün bewaldete Hügel und Berge, Avocadoplantagen und Papayaplantagen – dort wachsen die bisher besten Papayas der Karibik. Die Landschaft ist schön, wenn auch nicht mehr so überbordend reich wie auf einigen südlicheren Inseln.



Wir verabschieden uns nun von Puerto Rico. Das nächste Ziel sind die Bahamas, eine weitläufige Inselkette erwartet uns. Wir steuern die südöstlichste der Inseln an, die uns am nächsten gelegen ist, Great Inagua. Die negativen Ergebnis der gestrigen PCR-Tests sind bereits da, man hat extra für uns schneller gearbeitet. Anders als in St Maarten dauert die Auswertung normalerweise etwas länger. Wir haben aber gebeten, obs auch zügiger gehen kann. Denn die Testergebnisse benötigen wir, um unser Einreise-Permit für die Bahamas zu beantragen. Und erst danach ist der captain bereit zu sagen: „Leinen los“.
