„Come on, baby, we give you a ride“ schallt es aus dem Geländewagen, der mich auf der Straße von Bogles nach Hillsborough überholt. Drei Männer und eine Frau schauen mich erwartungsvoll an und rücken bereits zusammen, damit ich einsteigen kann. Und fordern mich auf, ich könne durch das offene Fenster ruhig weiter an meinem Video drehen: sie picken mich auf, als ich gerade ein Foto machen will. Die Fahrt nach Hillsborough zieht sich doch mehr, als ich erwartet hatte. Gut, in der Hitze nicht noch so weit laufen zu müssen. Im Ort sonntägliche Ruhe. Kein Minibusverkehr für die Rückfahrt am Sonntag. Und der an dem Tag fußfaule captain weit entfernt…

Die Obst- und Gemüsefrau, die ich nach dem Taxiplatz frage, klappt sofort ihren Sonnenschirm zusammen, steht in der Hitze etwas mühsam auf und zeigt mir, wo normalerweise die Taxen halten würden. Leere. Sie meint dann, ihr Chef käme wohl später vorbei, der könne mich mitnehmen. Und bleibt mit mir stehen, um eine Lösung zu suchen. Nach einigen Minuten fährt ein Taxi vorbei, dem sie hinterher ruft. Tatsächlich kommt das einige Zeit später wieder. Drinnen sitzen der Fahrer mit seiner Familie. Er will sie zum Strand bringen, aber vorher befördert er noch mich zurück zum Fußweg in die Anse La Roche.Nur ein Beispiel für die große Freundlichkeit der Leute auf Carriacou. Aber ohnehin können wir Europäer uns von der viel mehr auf Gemeinsinn bedachten karibischen Lebensart eine große Scheibe abschneiden.
Tyrell Bay
Unseren Aufenthalt in Carriacou beginnen wir in der Tyrell Bay. Eine große geschützte Bucht gefüllt mit Ankerliegern, von denen etliche hier offenbar schon seit Monaten liegen. Wie meinte doch Uli von der Baradal so treffend: Es ist vergleichbar einem Campingplatz hier.An Land wie in der Bucht gibt es etliches an Infrastruktur für die Yachties, zB unterhält ein Franzose seit Jahren einen schwimmenden Marineshop in der Bucht. Undenkbar in Deutschland, so eine schwimmende Werkstatt.


Paradise Beach & Sandy Island
Wir laufen von der Tyrell Bay aus zum Paradise Beach, der seinen Namen zu Recht hat. Türkises Wasser hinter feinem weißem Strand. Aussicht auf Sandy Island, eine flache Insel umgeben von Sandstrand.

Nach Sandy Island verlegen wir uns im Laufe des Tages und haben dort abends mit der Besatzung der Baradal ein tolles Barbecue. Am Strand unter Palmen sind Tische aufgebaut. Gedeckt mit Tischtüchern und Stoffservietten. Wenn man weiß, dass all das mit dem Boot rüber gebracht werden muss… Der Lobster zum Barbecue ist lecker und die Beilagen sind so reichlich, dass wir leider nicht alles schaffen.

Der Skipper genießt die herrliche Aussicht nahe des Paradise Beach entspannt auf einer Schaukel.

Vom Paradise Beach aus geht der Weg entlang des Wassers durch einen dichten Mangrovenwald.




Wir bekommen Zuwachs, ein Hund folgt uns bis Hillsborough. Ob er als Bordhund anheuern will?


Vor einem Strand liegt ein Wrack. Offenbar hatte mal jemand versucht, im Wrack oder daneben eine Bar aufzumachen. Davon zeugen Aufschriften auf dem Wrack. Kurz dahinter hat jemand mehr Erfolg. Eine Bar mit Leinwand, ein Openair-Kino.






Anse La Roche
Nach so viel Campingplatz reizt uns Alleinlage mehr. Wir ankern um in die Anse La Roche im Nordwesten von Carriacou. Die Bucht ist nur mit dem Schiff oder zu Fuß von Bogles oder von Windward aus erreichbar. Als wir ankommen, liegt nur ein anderer Katamaran in der Bucht.


In der Bucht nisten viele Schildkröten. Eine örtliche NGO versucht, ihre Gelege abzudecken, um sie vor Eierraub zu schützen. Die Einheimischen schätzen die Eier als Delikatesse und Aphrodisiakum.Auch Iguana gibt es etliche in der Bucht. Sie sonnen sich am Strand und sind ansonsten im Wald.

Die Bucht ist umgeben von einem dichten Wald, durch den zwei Trampelpfade verlaufen. Auf dem einen gelangen wir vorbei an frei laufenden Kühen bis nach Windward an der Ostküste Carriacous.








Windward
Windward ist ein netter kleiner Ort. Auf dem Weg dorthin werden wir im Nachbarort von einer jungen Frau angesprochen. Sie erzählt uns von einer Pizzeria in Windward, die ab 17.30 Uhr geöffnet habe und die beste Pizza der Insel habe; sie arbeite dort und werde am Abend da sein, ob wir auch kämen? Wir würden ja so gerne! Aber im Dunkeln durch den Wald zurück zum Schiff ist uns dann doch nicht sympathisch.

Im selben Ort kommen wir mit einem alten Mann ins Gespräch. Er erzählt, früher hätten sich Regen- und Trockenzeit in etwa die Waage gehalten. Heute müsse man vielmehr warten und schauen, bevor man Gemüse anbauen könne. Denn der Regen setze nicht mehr zuverlässig ein. Und wachsen könne nur, wenn zuvor der Boden durch den Regen bis in die tieferen Schichten gewässert sei. Gießen reiche dafür nach der Trockenzeit nicht. Er meint, auf Carriacou und Grenada verwendeten die Leute noch keine Kunstdünger. Anders dagegen in St Vincent, wo man damit das Wachstum beschleunige. Denkbar ist das, denn viel vom Obst und Gemüse auf den Nachbarinseln stammt von St Vincent, das mehr Regenwasser abbekommt als die Nachbarinseln. Auch Carriacou ist allerdings wieder deutlich grüner als die Inseln zuvor. Obgleich es nur ein Katzensprung ist nach Union Island, ist die Vegetation auf Carriacou viel reicher als die auf Union.






Auf Carriacou wird noch Bootsbau betrieben. Wir sehen das in Windward und auch auf der anderen Inselseite in Bogles.

Bogles
Der Wanderweg nach Bogles führt von der Anse La Roche aus ebenfalls durch dichten Wald. Vorbei an Ruinen oben auf dem Hügel, die bereits fast von der Natur erobert sind.


In Bogles feiert man eine sonntägliche Messe in der kleinen katholischen Kirche. Die Menschen stehen vor der Kirche. Ein Mann ist als leidender Jesus mit der Dornenkrone gewandet, zwei als Soldaten gekleidete Männer umrahmen ihn. Die Gemeinde singt viel und schön zur Musik, die von einem Kleinlaster auf der anderen Straßenseite kommt. Auf dem befinden sich große Lautsprecher neben zwei Gitarristen und einer Sängerin. Sobald die Soldaten Jesus vom Kirchgelände auf die Straße geführt hatten – wohl zum Umzug auf der Straße – ändert sich die Musik. Kirchliche Reggaemusik begleitet den Zug. Überhaupt spielt Religion noch eine Rolle auf den Inseln. Es gibt viele verschiedene Religionsrichtungen mit manchmal sehr kleinen Häusern. Und offenbar wird jedem seine Religionsausübung frei zugestanden. Wir erleben in Hillsborough eine Anhängerin der methodistischen Kirche, die in fast kreischender ohrenbetäubender Lautstärke auf offener Straße predigt. Jeden Montagmittag eine Stunde, erfahren wir. Die Umgebung ist nicht erfreut, lässt sie aber gewähren.





Conch
Faszinierend sind immer wieder die Conchmuscheln. Ihr Inneres wird in der kreolischen Küche auf verschiedenste Weise zubereitet. Die wunderschönen Schalen werden einerseits als Souvenir verkauft, liegen aber andernorts wie Müllhaufen.


Eingeladen
Und noch ein sehr freundliches Erlebnis haben wir in Carriacou. Unser Nachbarlieger vom Katamaran fordert uns auf, zu einem späten Mittagessen zu kommen. Wie sich herausstellt, gilt die Einladung auf ein Motorboot, das sich an dem Samstag in die Anse La Roche gelegt hatte. Paolo vom Kat bringt von seinem Schiff sehr leckeres Grillgut rüber und auf dem Motorboot grillt man auch. Wir werden sehr herzlich empfangen. Man feiert den 53. Hochzeitstag eines Paares mit Verwandten und Freunden. Der Umweltminister von Grenada, Petit Martinique und Carriacou gehört dazu. Er sorgt ganz offensichtlich gut für die umweltbewusste Erziehung der Kinder. Denn wir sehen an den Schulen und Kindergärten Aufschriften und Bilder mit der Aufforderung, auf die Umwelt zu achten. Viele Mülltonnen stehen am Straßenrand mit der Aufforderung: Don´t litter.Der gefeierte Ehemann war lange Soldat der britischen Army und auch in Deutschland stationiert. Seine Tochter betreibt in Hillsborough Pattis Deli, einen Lebensmittelladen mit ausgewählter Importware. Dort haben wir auch schon eingekauft. Wie klein doch die Welt ist. Wir fragen nach dem Sargassum, das auf der dem Wind zugewandten Seite der Insel angeschwemmt wird und übel stinkt. Seit etwas 4 Jahren sei das so, erfahren wir.
Auf nach Grenada
Morgen geht es nach Grenada, wo dann zur Osterwoche unsere beiden Kinder einfliegen werden. Wir freuen uns schon sehr darauf. Und hoffen wir finden Gelegenheit, mit ihnen auf das freundliche Carriacou zurück zu kommen.


Oh, was für ein interessanter Bericht!! Oh, wie freuen wir uns auf diese Insel. Danke !!