Antigua: Anker-Kino vor Nelsons Dockyard

Erneut können wir bei der Fahrt von Guadeloupe unser Leichtwindsegel nutzen. Wir ziehen das Code D auf (Für die Segler: Das ist im Grunde ein abgewandelter asymetrischer Spi /Blister, der vorne mehr wie ein Genacker geschnitten ist).

Damit fliegen wir auf Halbwindkurs mit rund 11-12 kn Fahrt durchs Wasser von Guadeloupe Richtung Antigua. Keine Bedingungen, um die Angel auszubringen: Wir sind (mal wieder) viel zu schnell denn bei dem Tempo beisst kein Fisch mehr. Unser Ziel: English Harbour, weil wir von dort über Nelson´s Dockyard perfekten Land-Zugang haben.

Fort an der Einfahrt zum English Harbour/Nelsons Dockyard (rechts im Hintergrund)
Freemans-Bay (links gehts zu Nelsons Dockyard, Antigua)
Blick auf Nelsons Dockyard
Blick von Shirleys Height auf English Harbour (Freemans Bay im Vordergrund) & Falmouth Harbour (ganz hinten)

Ich zitiere auszugsweise aus Wikipedia (ich machs mir leicht, aber es ist dort so Klasse beschrieben – warum das Rad neu erfinden?):

Nelson’s Dockyard ist eine historische Hafenanlage in English Harbour, an der Südküste der Karibikinsel Antigua. Sie gehört zum English Harbour-Middle Ground. Die Marinewerft und die zugehörigen archäologischen Stätten nennen sich Nelson’s Dockyard National Park und gehören seit Juli 2016 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Nelson’s Dockyard wurde nach dem früher hier stationierten Befehlshaber Lord Admiral Horatio Nelson benannt.

Der hurrikansichere Naturhafen wurde 1671 erstmals von den Engländern benutzt. 1725 entstanden erste Gebäude, und ab 1743 wurde der Kriegshafen intensiv ausgebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert galt er als der bedeutendste Marinestützpunkt Großbritanniens auf den Kleinen Antillen, um die hiesigen Kolonien sowie die Handelsschiffe vor Angriffen zu schützen. Während der Napoleonischen Kriege der 1800er und 1810er war sie Nelsons Hauptstützpunkt in der Karibik.

Das Areal zählt heute zu den größten Freilichtmuseen der Karibik.

Trail von Nelsons Dockyard zum Pigeon Beach
Links: Falmouth Harbour mit Marina, rechts die Ausläufer von English Harbour. Nelsons Dockyard ist noch weiter rechts
Trail von Nelsons Dockyard zum Pigeon Beach: Blick auf Falmouth Harbour

Antigua hatten wir im Februar bereits kurz besucht, als die Tallisker Whiskey Rallye ankam (das sind die Verrückten, die im Ruderboot den Atlantik überqueren). Bereits damals hatten wir Bekanntschaft gemacht mit den eigentümlichen Winddrehungen in der Freeeman´s Bay vor dem English Harbour.  Im Laufe von 24 Stunden macht jedes Schiff ein oder mehrere 360 Grad Drehungen durch – oftmals begleitet von böigem Wind aus eben wechselnden Richtungen. Sodass der Schwojekreis voll ausgenutzt wird.

Hinzu kommt, dass der Ankergrund tückisch ist: Die Sandflecken, auf denen man einen Anker zum Halten bringen kann, sind zwar zahlreich aber doch recht klein und ungleichmäßig verteilt. Vielfach ist die Sandschicht über dem Fels zu dünn, um einem Anker wirklich Halt zu geben. Und weiter rein, direkt in den English Harbour, wollen wir nicht. Denn die Freemans Bucht bietet herrliche Schwimmmöglichkeiten.

Wir benötigen mehrere Anläufe, und verlegen uns auch mal an einen anderen Standort nach der 1. Nacht.

Anker-Kino statt Hafen-Kino

Etliche Male können wir nicht zum geplanten Zeitpunkt unseren Landgang machen, weils irgendwo wieder Anker-Kino gibt. Meist muss ein frisch hereinkommender Segler (durch andere oder auch durch uns) darüber informiert werden, nicht genau an dieser oder jener Stelle zu ankern, weil  es dort zuvor schon andere vergeblich versucht hatten und auf Drift gingen. Oder weil es aufgrund der Winddrehungen einfach nicht opportun ist, wenn ein Monohull sich auf Tuchfühlung neben einen Katamaran legt bzw. umgekehrt (ein Katamaran verhält sich bei drehenden Winden anders als ein Monohull). Irgendwo ist immer jemand zu Gange. Man hilft sich gegenseitig und gibt Hinweise – die von den neu hinzukommenden meist dankend angenommen werden.

French Anchoring….

Gänzlich übersehen haben wir und unsere Nachbarn ein frisch hereingekommenes französisches Charterschiff. Mit – wie sich später herausstellte – französischem Skipper. Der kein Wort Englisch sprach. Nein, ich bin strikt gegen pauschale Typisierungen anhand von Nationalitäten etc.!! Aber ich kann nicht umhin – es ist einfach etwas dran. An gewissen Vorurteilen. Und nein – natürlich stimmen diese Vorurteile nicht immer. Wir haben eine ganze Reihe extrem netter Franzosen kennen gelernt! Auch solche, die nicht nur gut segeln können, sondern auch wissen wie man ankert. Und manche beherrschen sogar eine Fremdsprache!

Dieser hier jedenfalls ankerte sehr französisch. Siehe meine frühere Beschreibung dieser Ankermethode hier.

Kurz gefasst: Rein in die Bucht, Anker geworfen. Kettenlänge = Wassertiefe + vielleicht noch 5m. Anker nicht mal eingefahren oder getestet ob er hält, sondern gleich danach mit kompletter Mannschaft von Bord gegangen.

Es dauerte nicht lange, und unser Nachbarlieger ruft um Hilfe. Das Schiff des Franzosen fängt an zu driften, d.h. der Anker hält nicht sondern das Schiff wird vom Wind vertrieben. Und zwar genau auf ihn, unseren Nachbarn. Er schafft es so grade noch, sein eigenes Dinghy zwischen die beiden Schiffe zu drücken, damit eine Beschädigung erstmal abgewendet werden kann. Aber das Schiff driftet weiter, auf den nächsten dahinter zu – und irgendwann kommt das Riff.

Ich lasse hurtigst unser Dinghy zu Wasser und komme unserem Nachbarn zu Hilfe. Er macht keinerlei Federlesen – er besteigt sofort das fremde Schiff und sucht den Anlasser für den Motor. Inzwischen kommt ein weiterer Segler mit seinem Dinghy angerast, um Hilfe zu leisten. Wir verständigen uns, dass ich an Land fahre. Und versuche, den Skipper (schon da vermuteten wir alle 3: Das MUSS ein Franzose sein…..) ausfindig zu machen. Meine Vermutung: Er befindet sich beim Zoll zum Ein- oder Ausklarieren. Die anderen beiden starten den Motor des fremden Schiffs. Was nicht weiter schwierig ist denn dessen Skipper liess alle Instrumente laufen, und alle Türen offen. Zu zweit gehen Sie mit dem fremden Schiff Anker auf und verankern es neu an einer passenden Stelle. Und so, wie es sein soll: Mit ausreichend Kette, ausreichend Abstand zu Nachbarliegern – und es wird per Rückwärtsfahrt geprüft, ob der Anker denn auch hält.

Beim Zoll werde ich fündig. Zwar reagiert zunächst keiner, als ich (auf Englisch) das Schiff ausrufe. Aber eine Dame vom Zoll hatte bereits die Schiffspapiere in der Hand, versteht was ich möchte und zeigt auf einen der Anwesenden. Mit Händen und Füssen erkläre ich dem Skipper, er möge doch bitte tunlichst zu seinem Schiff zurück. Er versteht zunächst nichts. Aber als ich den Namen des Schiffs nenne und mit Faust und Hand deute, dass es gegen etwas anderes knallt, versteht er und rennt los.

Schlussendlich ging alles gut, kein Schaden passiert.

Wir erleben, wie noch 2 weitere Schiffe an einer unpassenden Stelle Anker werfen. Geht aber alles gut.

 

Eine Antwort auf „Antigua: Anker-Kino vor Nelsons Dockyard“

  1. Hallo Dorothee und Stefan, auch wenn ich mich ganz fest anstrenge um ja nicht voreingenommen zu sein…. die Vorurteile bewahrheiten sich halt leider ganz oft. Und meist ist das Dinghi schneller unten und die gesamte Besatzung auf und davon als man gucken kann. Bleibt zu hoffen, dass es immer so glimpflich abgeht, wie von Euch beschrieben. Liebe Grüsse aus Dominica, Martina

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