Mit der Coastguard auf dem Campingplatz

Nach der Attacke auf eine Yacht in den Gewässern zwischen Trinidad und Grenada interessiert uns natürlich die Sichtweise der Coastguard vor Ort. Als im morgendlichen Cruiserforum ein Treffen der Seglergemeinde mit der Coastguard von Grenada auf Hog Island angekündigt wird, merken wir uns den Termin vor.

 

Beim Eintreffen auf Hog Island – wir gehen zusammen mit Martina und Uli von der Baradal sowie Annette und Michael von der Limelight – finden wir bereits einige Segler vor. Niemand weiß Genaues über den Treffpunkt. Doch alle gehen davon aus, das Treffen finde gewiss vor der einzigen Bar statt. Klar, der Cruiser hats gerne mit Versorgung.

Dass die Coastguard nicht wie avisiert um 15 Uhr eintrifft, wundert niemanden. Sind halt karibische Zeiten, die können flexibel sein. Als sich aber auch 15 min später nichts tut, fragen wir uns, ob wir nicht doch am falschen Ort sind. Also Telefonnummer Coastguard ergoogeln, per copy paste ins Telefonmenü einfügen und anrufen. Bei meinem Anruf meldet sich eine freundliche männliche Stimme mit: „Grenadian Coastguard“. Ich schildere höchst konzentriert auf Englisch mein Anliegen : Wir warten mit einer größeren Seglerschar auf die Coastguard. Ob die wohl zum Treffen nach Hog Island kommen wird? Antwort auf Englisch: Ja, ich bin da, ich bin hinter Ihnen. Als ich mich umdrehe, grinsen mich viele Gesichter an und der captain hält mit Schlawinergesicht sein Handy am Ohr. Mist, copy paste hat wohl nicht funktioniert und der Anruf ging auf die letzte gewählte Nummer, die vom captain. Der macht sich natürlich nen Spaß draus, grumpf.

Also das Ganze nochmal. Dieses Mal meldet sich eine weibliche Stimme mit einem Rattenschwanz an Worten. Coastguard, Name, what can I do for you? Als ich mein Anliegen vorbringe, holt sie einen Officer ans Telefon. Der scheint sehr erstaunt, dass sich tatsächlich eine größere Seglergemeinde versammelt hat und sagt zu, in 15 min aufzukreuzen.

Boot der Coastguard vor Hog Island
Infotreffen Coastguard Hog Island

Tatsächlich kann das Treffen dann beginnen. Verblüffend für uns: Wir finden uns in einer Schar überwiegend älterer Segler wieder, deren Fragen sich um kleine Ereignisse rund um die benachbarten Ankerbuchten drehen. Offenbar lauter Segler, die ihre Wintermonate am Liegeplatz in Grenada verbringen, ihr Boot über die Hurrikanzeit in Grenada belassen und in den nächsten Wochen nach Hause fliegen wollen. Der Officer der Coastguard ist geduldig. Erzählt, die Guard habe vor einigen Jahren ein Nachbarschaftsprogramm initiiert, das kleine Delikte wie Diebstähle reduziert habe. Ohnehin gibt es davon in Grenada nach unserer Kenntnis nicht viele. Wir fühlen uns wie auf dem Campingplatz.

Der captain ergreift die Initiative, schildert, mehrere Boote wollten in den nächsten Wochen nach Trinidad und fragt nach Tipps der Coastguard. Wir hören die Empfehlung, bei Tag zu segeln, weil man da etwaige Angreifer sehen und Details über Boot und Mannschaft an die Coastguard melden könne. Wenn man der Coastguard Grenada einen Floatplan vorlege, werde sie den an die Coastguard Trinidad weiter geben. Die sei besser ausgerüstet als die aus Grenada. Und das AIS solle man angeschaltet lassen, damit die Coastguard ggf die Daten empfangen könne.

Am nächsten Tag ruft der Manager der Peaks Marina Trinidad an. Dort haben wir uns für das Haulout der Invia angemeldet. Er telefoniert alle Eigner ab, die sich für einen Liegeplatz angemeldet haben und noch nicht eingetroffen sind. Seine Empfehlung ist, unbedingt bei Nacht zu fahren, möglichst im Convoi zu gehen und der Coastguard einen Floatplan vorzulegen.

Wie eigentlich immer bei Fragen rund ums Segeln gibt es verschiedene Meinungen. Wir werden ohnehin nicht die Route befahren, auf der es zum Überfall kam.

2 Antworten auf „Mit der Coastguard auf dem Campingplatz“

  1. Hallo nach Grenada,
    gerade habe ich von Peake die Nachricht über den Überfall am 14.04.19 bekommen und beim googeln über den Vorfall bin ich auf eure Website gestoßen.

    Zu eueren Überlegungen und den Erklärungen der Coastguards von Trinidad und Grenada möchte ich folgendes Erlebnis schildern:

    Ich habe mein Boot seit 2016 wärend der Hurricane-Season in Trinidad.

    Letzes Jahr, in der Nacht vom 31.01.2018 zum 01.02.2018 bin ich (37 ft. Mono, singlehanded) auf dem Weg nach Carriacou gewesen, als sich ca. 20 sm südöstlich von Grenada ein Seenotfall ereignete. Ein Küstenfrachter (Galleon Adventure, Heimathafen POS) hatte einen Maschinenausfall wegen Wassereinbruch im Motorraum und trieb in der recht kabbeligen See. Ein anderes Motorschiff (C Elisabeth 2) war in der Nähe und konnte Lenzpumpen übergeben. Das wurde über UKW kommuniziert, es bestand auch Funkkontakt mit der Küstenfunkstelle Trinidad, North Post Radio. Gegen 2:30 Uhr nachts (natürlich) kam über UKW der aufgeregte Funkspruch, dass Galleon Adventure gekentert sei.

    Meine Position zu diesem Zeitpunkt war ca.10 sm südöstlich der Unglücksstelle. Auch wenn mir klar war, dass ich als Einhandsegler nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Hilfeleistung hatte, war es für mich, im Sinne guter Seemannschaft, keine Frage, auf den Hilferuf von C Elisabeth 2 zu reagieren.

    Gegen 04:00 traf ich an der Unglücksstelle ein und konnte das kielobentreibende, ca. 40 Meter lange Schiff ausmachen. Mittlerweile konnten acht Besatzungsmitglieder von der C Elisabeth 2 aus dem Wasser geborgen werden, der Kapitän wurde vermisst. Zu zweit umkreisten wir in den folgenden Stunden das gekenterte Boot, von den Patrolienschiffen der beiden Plattformen (ca. 15 sm östlich) wurde kein Beistand geleistet, auf Funkanrufe haben diese Schiffe nicht reagiert. Da ich durch den Mast eine größere Reichweite hatte als das Motorschiff, übernahm ich die Kommunikation mit North Post Radio, North Post Radio konnte auch mein AIS-Signal empfangen. Obwohl dies ein Seenotfall war, wurde ich von North Post Radio angewiesen, über einen Arbeitskanal zu kommunizieren. Wir vermuteten, dass die vermisste Person noch im Schiff eingeschlossen war und hofften, dass sie noch lebte. Also forderte ich ein Küstenwachenschiff mit einem Taucher an. Gegen 07:00 morgens teilte mir North Post Radio mit, dass die Coast Guard Grenada auf dem Weg zu den angegebenen Koordinaten sei.

    Als ich ab neun Uhr Morgens immer wieder nachfragte, was denn mit der Coast Guard sei, kam die Info, die Hilfsmannschaft musste noch mal zurück, weil sie den Taucher vergessen hatten(?) und wären nun endlich auf dem Weg. Um 11:00 war immer noch keine Hilfe da. Meine immer dringlicheren Nachfragen nach der Coast Guard Trinidad zeigten keinen Erfolg, der Funker von North Post Radio versicherte mir, TT Coast Guard sei informiert, es sei aber unklar, ob sie ein Schiff schicken. Auch von Grenada Coast Guard war kein Boot in Sicht. Zu dieser Zeit trafen vier Handelsschiffe ein, eines davon übernahm auch die Notfallkoordination, es war beeindruckend, wie professionell das ablief. Die vier Frachter fuhren ein schulbuchmässiges Suchmuster, in der Hoffnung, den Kapitän im Wasser zu finden. Gute Idee, wenn jemand über Bord gegangen ist, wenn die Person aber in einem Schiff eingeschlossen ist, wie der Käptn von C Elisabeht 2 und ich vermuteten, leider sinnloser Aktionismus.

    Nach zwei Stunden wurde die Suche für beendet erklärt und die Frachtschiffe setzten ihre Fahrt fort. Ich wollte auch endlich weiter, mittlerweile war ich über 30 Meilen von meinem Kurs abgetrieben. North Post Radio wies aber mich und auch das andere Schiff mit den acht geretteten Seeleuten an, an der Notfallstelle zu bleiben und auf die Grenada Coast Guard zu warten.

    Gegen 15:00 habe ich mich und als Relaisstation auch C Elisabeth 2 bei North Post Radio abgemeldet, da ich keinen Sinn mehr darin gesehen habe, auf die Küstenwache, die nie gekommen ist, zu warten, habe die Segel gesetzt und bin hart am Wind Richtung Norden gefahren, um Abstand zu Venezuela zu gewinnen und meinem Ziel näher zu kommen (es wurde dann eine elende Kreuzerei, vorher wars ein Anlieger ..).

    Mein Fazit aus dieser Geschichte: Ich würde mich nicht auf die Coast Guard Grenada oder Trinidad verlassen. Es war für mich völlig unverständlich (ist es heute auch noch), warum die Officials der beiden Länder nicht alles in ihrer Macht stehende getan haben, um den Kapitän, einen Trinidaden, zu retten.

    Das mit dem Travel Report ist nett und funktioniert auch, hilft aber im Fall der Fälle wahrscheinlich nichts. Für meine nächste Überfahrt werde ich nachts fahren, bei möglichst gut Wind und Welle (kein Motorbootwetter) und soweit östlich der Plattformen wie möglich.

    Euch wünsche ich eine gute Überfahrt, aber mit eurem Kat lasst ihr die Motorboote ja eh stehen – vielleicht treffen wir uns bei Peake!

    Fair winds und alles Gute,

    Michael
    SY Savannah

    1. Danke Michael für diesen interessanten und leider auch traurigen Bericht. Karibische Organisation innerhalb der Coast Guard, traurig. Aber dass BEIDE (Grenada wie TT) nicht sauer reagiert haben, das ist bitter.

      Wegen der Piraten: Allein schon wegen der Dauer, bis einem die Coastguard erreicht, würde ich im Falle eines Angriffs nicht darauf bauen. Wir sind am Planen, wann und wie wir uns auf den Weg machen.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.