Liberty, Brücken und Hitze

Wir haben sie, die Madam Liberty! Auf unserer Segeltasche macht sie sich wirklich gut. Ein tolles Gefühl, auf eigenem Bug vor der Statue of Liberty zu liegen. Mehr von ihr sehen wir leider nicht, die Schlangen der Besucher sind uns definitiv zu lang.

 

 

Madam Liberty auf unserer INVIA – Segeltasche

Besucherschlangen bei der Liberty. Fähren spucken immer neue Besucherströme aus.

Wir legen uns 2 Stunden vor die Liberty, bevor wir New York verlassen. Warten auf die passende Tidenströmung, die uns mit bis zu 4 Knoten Strom zusätzlich Fahrt verschafft.

Beeindruckend ist dann der Weg raus aus New York durch den East River. Vorbei an der Skyline Manhattans, unter der Brooklyn Bridge und zahlreichen weiteren Brücken hindurch geht es bei extrem heiß-schwülem Wetter.

Wir ächzen in der dunstigen Schwüle, als wir am Hell Gate ankommen, wo die Strömungen von East River und Long Island Sound entgegen gesetzt aufeinander treffen. Vor den Rümpfen der INVIA sehen wir die quirlende Strömung. Für unser Schiff kein Problem, aber für kleinere Boote eine Passage, die mit Blick auf Tidenstrom zeitlich gut geplant sein will.

Wir passieren auf unseren Fahrten um New York immer wieder Bojen, die mit Glockenschlägen und Heulgeräuschen den Weg auch bei Nebel weisen. Zum Glück blieb uns bisher eine Nebelfahrt erspart. Bojen sind allgemein ein begehrter Platz. Seeadler und andere Vögel nutzen sie als geschützte Nistplätze und beschweren sich lautstark, wenn wir zu nahe kommen.

Über unseren ersten Ankerplatz hinter New York haben wir bereits berichtet. Das war Port Washington, wo wir in schwerem Gewitter auf Drift gingen und der Captain sein letztes Vertrauen in den Anker verlor. Ein einziges Mal haben wir seither noch geankert. Das war in Oyster Bay, wo wir INVIA unabsichtlich knapp vor der Wendeboje des örtlichen Yachtclubs verankert hatten und live mitten in der Mittwochsregatta lagen. Dort hatten wir keine Probleme mit dem Anker. Allerdings ist der Grund wohl auch anders, weniger klebriger Schlick, mehr Sand-/ Grasgemisch. Ob unsere Ankerprobleme am hiesigen Matsch-/Schlickgrund liegen oder doch an unserem neuen Edelstahl- Spadeanker, wir wissen es bisher nicht.

Wegen der Ankerprobleme und Elsa im Genick haben wir von Port Washington nichts gesehen, sondern sind gleich weiter Richtung Oyster Bay gegangen. Oyster Bay, wo Theodor Roosevelt sein Haus hatte, das heute als Sagamore Hill National Historic Site zu besichtigen ist. Der Ort gefällt uns sehr gut und wir hoffen, ihn auf dem Rückweg weiter erkunden zu können. Während unseres kurzen Ortsbesuches lassen wir das Dinghy am Steg des örtlichen Yachtclubs, natürlich mit Erlaubnis. Bei einem nächsten Besuch werden wir das öffentliche Dock ansteuern. So kurze Wege in den Ort wie in Oyster Bay hatten wir bisher selten. Mit einem halbstündigen Fußmarsch durchgängig über Bürgersteige erreiche ich sogar den örtlichen Supermarkt. Meistens war bisher so ein Ziel nur per Auto erreichbar.

Oyster Bay

Oyster Bay Brewery

Angesichts unseres Vertrauensverlust in den Anker sind wir heilfroh, INVIA vor dem aufziehenden Tropensturm Elsa im Yachtclub Huntington Bay ans Dock binden zu können. Der Yachtclub hat nur wenige Plätze für Gastlieger und unser Platz ist eigentlich vergeben an einen Dauerlieger. Der allerdings für einige Tage mit seinem Schiff unterwegs ist. So kommt der Club zu Doppeleinnahmen für denselben Platz und wir zu einem sehr geschützten Liegeplatz. Wir verfolgen die Prognosen zur Zugbahn von Elsa. Die verlagert sich immer weiter östlich. Und tatsächlich haben wir kaum Wind, werden aber für Stunden wie aus Kübeln abgeschüttet.

Nach Durchzug des Sturmgebietes erwarten wir klares Wetter, doch es wird wieder schwül heiß. Auf dem halbstündigen Fußmarsch in den Ort Huntington – wieder über perfekt ausgebaute Bürgersteige – schwitze ich kräftig, während der Captain die Schwüle am Pool des Yachtclubs abwettert. Im gut gefüllten Restaurant Prime mit Blick auf die Huntington Bay essen wir abends hervorragend.

Huntington Bay ist umgeben von Hügeln mit Baumbestand und sehr gut geschützt. Hier Blick auf den Yachtclub.

Ehemalige Kapelle St Andrew, Historic Site umfunktioniert zum Wohnhaus

Der US Supreme Court hat entschieden, das Recht zum privaten Waffenbesitz umfasse auch das Recht zur Selbstverteidigung per Waffe. Man hält wohl lieber Abstand zu einem Haus, in dessen Garten dieses Schild steht.
Heckscher Park und Museum in Huntington

In Huntington gibt es Birkenstock zu kaufen
Denkmal für Soldaten und Segler

Der Tag drauf bringt mit Ostwind kühlere Temperaturen. Wir schichten uns auf dem Weg nach Port Jefferson in wärmende Kleidung, die wir lange nicht mehr tagsüber beim Segeln anhatten. Die Temperaturen ändern sich schlagartig, als wir die Bucht vor dem Ort erreichen. Die Sonne kommt heraus und der Captain beneidet mich beim abendlichen Gang durch den Ort um mein leichtes Sommerkleid. Wir hadern mit dem schwül-heißen und oft windlosen Wetter hier, von dem die Einheimischen sagen, es sei normal für die Jahreszeit. Seit Ankunft in den USA sammeln wir Motorstunden an und vermissen die Trade Winds der Karibik.

In Port Jefferson ewartet uns bei der Einfahrt an Backbord eine sandige Bucht mit Stränden. „The Cove“ ist künstlich dort angelegt, wo früher Zementindustrie war. An Steuerbord voraus sehen wir Industrie. Das Werk ist mit einer übergroßen USflagge dekoriert. Voraus liegt der Ort Port Jefferson. Einst muss man von See kommend nichts vom Ort gesehen haben, weil die gesamte Küste von Schiffsbaubetrieben besiedelt war.

Besuch während wir an der Boje vor Port Jefferson liegen. Er wäre wahrscheinlich gern an Bord gekommen, wenn ich Brot hingehalten hätte

Die Ortserkundung wird für uns zum Kinderspiel. Von der Boje des Yachtclubs (kostet 60 Dollar und liegt ortsnah direkt vor dem Yachtclub, der Captain möchte aus bekannten Gründen nicht ankern; Wasser gibt es am Steg des Yachtclubs) holt uns ein im Preis inbegriffenes Taxiboot ab. Das ist abends bis um 23.45 Uhr unterwegs. Im Ort wuselt es. Einheimische erzählen, die Nachbarn aus Connecticut kämen gerne mit der Fähre nach Port Jefferson rüber. Gerne würden sie zum Gegenbesuch übersetzen, aber außer Industrie gäbe es bei den Nachbarn nichts. Der Tourismus sorgt für viel Infrastruktur. Italienisches Eis und italienische Restaurants, Cigar Lounge, Whiskey Bar, Pub und vielerorts Live Musik. Am Sonntag findet im Harborfront Park ab 9 Uhr morgens ein hervorragend bestückter Farmers Market statt. Den ganzen Sommer über gibt es an der Waterfront Musik- und Filmprogramm (https://portjeff.com/calendar/). Auch die Brewery hat Livemusik (https://www.portjeffbrewing.com/pjb_events.htm) und eine Bar bietet Karaoke. Uns gefällt es sowohl bei diesem Besuch als auch beim weiteren auf unserem Rückweg sehr gut in Port Jefferson.

Rund um unseren Bojen Platz vor dem Yachtclub findet der Optimisten Segelkurs statt
Livemusik im Park an der Waterfront
Livemusik bei der Brewery

Offenbar ist man im Ort sehr hundefreundlich. Oder es kommen gezielt viele Hundebesitzer her. Jedenfalls gibt es mehrere Läden mit Goodies für Hunde.

Farmers Market

„Landbrot mit Sauerkraut“ steht deutsch auf einer der Tafeln

Inzwischen haben wir begriffen, dass nicht etwa unsere fehlerhafte englische Aussprache Grund dafür ist, dass bei den Gesprächen mit Einheimischen in den Bars und Restaurants auf der „Goldküstenseite“ des Sounds bisher niemand unser nächstes Ziel kannte. Vielmehr ist wohl die Erreichbarkeit nur per eigenem Schiff ab Goldküste der Grund. Die Thimble Islands gehören zu Connecticut und sind per Ausflugsboot (die touren um die privaten Inseln) nur von dort aus erreichbar. Hotels und Restaurants gibt es dort keine. Wir sind gespannt unser neues Ziel.

Eine Antwort auf „Liberty, Brücken und Hitze“

  1. I grew up in these waters, going to PJ many times (3 different anchorages) as well as the adjacent Mt Sinai. It’s been 12+ years, but I have fond memories of the delightful – if short – sailing season on Long Island Sound.

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