Auf nach Tunesien: Ohne Diesel ….

Um nun ja keine Probleme mit der EU MWSt zu bekommen (siehe hier), wollen wir den Shakedown-Cruise non-stop nach Tunesien machen: Erst einmal raus aus der EU bevor irgendeine Zollbehörde Ärger macht.
Beim aktuellen Wind rechnen wir mit einer Fahrtdauer von etwa 3 Tagen & 3 Nächten. Im Hafen Bizerte von Tunesien wollen wir einklarieren. So haben wir auf jeden Fall amtliche Papiere in der Hand, mit denen wir nachweisen wann wir ausserhalb der EU waren. Danach dürfen wir wieder ganz offiziell rein, für max 18 Monate. Bevor die Frist verstreicht, müssen wir wieder 1x raus und die 18-Monatsfrist beginnt wieder von vorne zu laufen.

Mit Xavier von Outremer hatte ich beim Kauf vereinbart, für den Shakedown-Cruise und max. 10 Tage einen erfahrenen Skipper zur Seite gestellt zu bekommen.
Julien sollte dies Aufgabe übernehmen. Wir kannten ihn vorher noch nicht und waren gespannt. Als Julien dann vorbei kam, haben wir uns alle auf Anhieb verstanden. Ein wunderbar angenehmer Zeitgenosse, sehr erfahren, und immer ruhig – auch wenn´s hektisch wurde.

Julien auf der Fahrt nach Tunesien

Wir verlassen den Hafen von La Grande Motte am nachmittag bei gutem Wind Richtung Bizerte, Tunesien.

Es kommt anders: Abends liegen wir wieder im Hafen von La Grande Motte.

Und wieder am Ponton P in La Grande Motte

 

Kurz nach Ausfahrt aus dem Hafen, wir wollen die Segel setzen, bleiben beide Motore stehen. Was war passiert? Ein Klassiker: Leere Tanks!

Wie kann man nur so dämlich sein, und sich mit leerem Dieseltank aufmachen?

Die Erklärung:

 

Wir haben 2 Tanks. Ein großer mit 270l, der ist schwarz und undurchsichtig. Und einen etwa halb so großen, der ist weiß und transparent so daß man den Dieselstand sehen kann. Beide Tanks sind über eine Leitung (mit einem Absperrhahn versehen) verbunden. Zudem gibt es eine separate Dieselpumpe mit Filter und Ventilen, um ggf. aktiv Diesel zwischen den Tanks hin und her pumpen zu können. Das war ein spezieller Wunsch von mir um evtl. Verunreinigungen leichter herausfiltern zu können.

Bei der Einweisung wurde mir gesagt, die Tanks seien gefüllt. Die Tankanzeige im Cockpit sagte: „Tank Voll“. Ein Blick auf den weißen, kleineren Tank zeigte mir: Na ja so vielleicht halb gefüllt.

Man sagte mir, weil der Tank eben nur halb so groß sei würde die Anzeige das nicht richtig anzeigen; die Anzeige ist auf einen großen Tank kalibriert. Ok, ich dachte erstmal nicht weiter nach und erkannte diesen offensichtlichen Unsinn nicht.

Zu meiner Ehrenrettung muß ich sagen: Es ist unser erstes eigenes Schiff. Als stolzer neuer Besitzer ist man euphorisch-aufgeregt-gespannt. Es gibt 1.000 neue Sachen die man gezeigt bekommt, auf die man achten soll. In all dem Trubel kam ich einfach nicht auf den Gedanken, die Tankanzeige zu hinterfragen. Und mal den schwarzen Haupttank aufzuschrauben (was sehr leicht geht) und mit einer Lampe reinzuleuchten. Mir wurde ja von der Werft bei der Einweisung gesagt: Das Schiff sei vor der Übergabe voll getankt worden.

Wie sich später heraus stellte, hatte die Tankstelle in den Tagen vor der Übergabe geschlossen, so daß man die INVIA per Kanister mit etwa 70 Liter befüllt hatte. Die gingen größtenteils in den kleinen weißen Tank. Die Motoren werden aber nur aus dem schwarzen Haupttank gespeist. Der kleine Rest darin war schnell weg, obwohl im weißen Zweittank noch Diesel zu sehen war: Irgendjemand hatte mit dem Absperrventil die Verbindung der zwei Tanks gesperrt, so daß keinerlei Diesel in den schwarzen Haupttank fliessen konnte.

Und die elektronische Tankanzeige?
Die war noch gar nicht kalibriert….

Nachdem wir also die Ursache gefunden hatten, öffneten wir – vor dem Hafen hin- und her segelnd – die Verbindung der beiden Tanks und gingen gemäß Lehrbuch ans Werk.
Kapitel: Dieselmotor entlüften. Obwohl wir alles versuchten und selbst die Einspritzdüsen öffneten, konnten wir nur 1 Motor wieder zum Leben erwecken. Der zweite hustete und röchelte aber er wollte nicht durchlaufen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als mit nur 1 Motor in die Marina zur Tankstelle zu manövrieren. Zum Glück gabs dort genug Manövrierraum, und Julien war die Ruhe in Person um auch mit nur 1 Motor sauber längsseits gehen zu können.
Dort die Tanks randvoll gemacht, und den Volvo Mechaniker geholt. Der hatte zu tun, die Luft aus den Leitungen und den Motor wieder stabil zum Laufen zu bekommen. Immer wieder starb er ab, etliche Stunden später erst konnten wir „Tunesien, die Zweite“ in Angriff nehmen.

Und die Moral von der Geschicht?

Jeder angehende Fahrzeugführer, ob Pilot, Segler oder Motorbootfahrer, lernt es von der Pieke auf: Vertraue niemals einer Anzeige. Denke nach und wo immer möglich: Vergewissere Dich selbst! Glaube niemandem der Dir versichert: „Wir haben voll getankt“.

Aber was ist, wenn man wie wir grade sein nagelneues und allererstes Schiff übernimmt, vor Aufregung über alles Neue, das noch Kommende, das Ungewisse vibriert?

Auch dann! Der Skipper trägt die Verantwortung. Er allein!

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