Westwärts – Wir erreichen Culebra

So weit im Westen waren wir mit der INVIA noch nie. Wir sind wieder da, wo wir wegen der Covid-Beschränkungen im Frühsommer 2020 aufhören mussten. Und noch ein Stückchen weiter:

In Culebra. Die kleine Insel zählt zu den sogenannten spanischen Jungferninseln. Sie liegt nur 12 nm westlich von St Thomas (US Jungerferninseln, in den USVI blieben wir im letzten Jahr wegen des Coronavirus hängen) und gehört zu Puerto Rico. Der Freistaat Puerto Rico ist als Aussengebiet Teil der USA, jedoch kein eigener Bundesstaat. D.h. zum Beispiel, die 3,5 Mio. Einwohner können nicht an der Wahl zum US Präsidenten teilnehmen (es sei denn, sie haben noch einen weiteren Wohnsitz in einem US Bundesstaat).

Zunächst aber noch zurück zu St Maarten:

Wenn wir uns die gesamte Aufenthaltsdauer auf dieser Insel ansehen, kann man schnell zu dem Gedanken kommen, dies wäre unsere Lieblingsinsel. Ist sie mitnichten! Wie es die Crew der Flora in einem ihrer BLOG-Beiträge treffend ausdrückte, entfalten die vielen seit dem Hurricane Irma vor sich hingammelnden Wracks  einen schon fast depressiven Eindruck. Auch sonst fehlt dieser in eine französische und holländische Hälfte geteilten Insel der übliche Charme der Karibik.

Hervorragande Infrastruktur

Es ist eindeutig eine europäische Insel – mit eben auch deren Vorteilen. Das ist eine unerreichte Infrastruktur. Es gibt jede Menge Yachtausrüster und sehr qualifizierte Fachkräfte und Unternehmen für alle Arten von Reparaturen. Da kann auch Martinique nicht mithalten. Hinzu kommt die schnelle Erreichbarkeit und daher sehr kurze Lieferfristen für Ersatzteile. Ob aus den USA oder Europa. Alles geht einfach und ohne Papierkram, da die Einfuhr zollfrei ist. Anderswo hängt die Ware schonmal eine Woche oder länger irgendwo im Zoll fest, muss teuer von einem lizensierten Agenten ausgelöst werden.

Auch in Sachen wie Friseur oder Bars & Restaurants gibt es reichhaltige Auswahl. Und alles ist locker-easy und offen.

Als ich bspw. auf der französischen Seite, in St Martin, zum Friseur gehe und beim Betreten meine Maske aufsetzen will, heisst es sofort: Dürfen Sie, aber müssen Sie nicht. Wir alle haben die Nase voll von diesen Maßnahmen, niemand hier hält sich mehr dran. Diese Einstellung ist in St. Maarten & speziell in St Martin überall zu spüren. Selbst die französische Küstenwache hält sich nicht mehr an die Vorgaben des Mutterlandes und lässt bspw. Yachten trotz ausdrücklichem offiziellen Verbot problemlos im französischen Teil einklarieren.

Wir genießen diese Freiheiten, wenn wir auch vorsichtig bleiben, schließlich wollen wir nicht krank werden. Dies zusammen mit vielen anderen Outremer-Eignern, die wie wir die gute Infrastruktur für Arbeiten am Schiff nutzen. Cocktail und Abendessen z.B. mit Sally & Dave von der Walli Wallou, mit Joshua & Suzee von der THINK GOOD THOUGHTS, mit Rüdiger von der TORTUGA usw. – einfach schön, sich mit so vielen wirklich netten & spannenden Menschen ganz normal in einer Bar / einem Restaurant treffen zu können!

Am Sonntag, nachdem alle Arbeiten erledigt sind, liegen wir tatsächlich mal an einem Strand

Teilerneuerung des stehenden Riggs

Wir erneuern einen Teil des stehenden Riggs. Eine Drahtlitze der unteren Steuerbord-Want ist an ihrer oberen Aufhängung gerissen. Warum das bei einem nur 4 Jahre altem Rigg passiert ist – keine Ahnung. So etwas aber ist definitiv sicherheitsrelevant. Daher gibt es keine Kompromisse und ich lasse beide Seiten erneuern. FKG Rigging macht einen tollen Job. Nicht billig – aber preiswert. Denn seriöse, verantwortungsbewusste und hochwertige Arbeit ist ihren Preis wert.

Neue Ankerkette

Unsere Ankerkette ist, vor allem in den letzten 2 Dritteln (nachdem wir im letzten Jahr, auch  in St Maarten, nur die beiden Enden vertauscht hatten) ein Rosthaufen. Ich entsorge die vollen 70 Meter und hole mir bei Budget Marine 60 Meter neu, in Grade 70 Qualität. Das beste was auf Lager ist und hoffentlich kein „made in China“ Schrott.

Wir legen die neue Kette am Steg aus und markieren sie alle 5 Meter, bevor sie dann in den Ankerkasten kommt.

Obwohl zu Schrott „made in Germany“ habe ich hier schon oft genug geschrieben – vielleicht ist inzwischen „made in China“ die bessere Wahl ? Jedenfalls wird auch dieses permanent defekte Teil – die Rede ist von dem Nicht-Generator Fabrikat Fischer Panda – arschteuer repariert. Definitiv NICHT preiswert! Eine Platine des Inverters (den ich bereits 2018 auf den Kanaren erneuern musste) wird ausgetauscht. Diesselbe Platine übrigens, die ich mir 2020 nach St. Vincent schicken liess und erneuerte. Immerhin passte auch diesmal die Ferndiagnose und das Teil läuft wieder.

Einreisebestimmungen

Zurück in die Spanish Virgins Puerto Rico, wohin wir von Sint Maarten aus ablegen. Für die Einreise nach Culebra mit der eigenen Yacht benötigen wir als Europäer das B2-Visum, genauso wie letztes Jahr für die US Virgin Islands. Es berechtigt zum Aufenthalt in den USA für max. 180 Tage / Kalenderjahr. Zum Glück haben wir uns dieses 10 Jahre gültige Visum bereits 2018 bei der US Botschaft in Bern besorgt. Zur Erteilung des Visums ist ein persönliches Interview mit dem Botschafter erforderlich. Unseres beschränkte sich seinerzeit auf die Dauer von 1 Minute. Wir konnten damals aber erleben, dass ein Bewerber mit einem Einreisestempel aus dem Iran erhebliche Schwierigkeiten hatte. Wegen der Covid-Beschränkungen sind diese Interviews an vielen Stellen ausgesetzt, ergo ist keine Neu-Ausstellung möglich. Etliche Segler ohne Visum können deswegen die USA gar nicht anlaufen. Zumal der oft & gerne verwendete Umweg über die Einreise mit einem öffentlichen Verkehrsmittel (Fähre vom nächsten Inselstaat oder Flug) mittels ESTA, und dann mit gültigem ESTA  zurück zum eigenen Schiff, nicht mehr praktikabel ist. Denn Fährverkehr bspw. zwischen den britischen und amerikanischen Jungferninseln oder Puerto Rico gibt es momentan wegen des Coronavirus nicht (angeblich soll der im März wieder anlaufen, mal abwarten).

Für uns zum Glück alles kein Problem.

Den erforderlichen PCR Test besorgen wir uns in St Maarten. Mir graust davor wie immer, und diesmal lief es auch nicht ganz so sanft ab, wie mein letzter Test in Grenada. Die Krankenschwester bohrt verflucht tief und wie wildgeworden in meiner Nase rum. Buaah Huaah Aua Aua – das ist einfach nur noch grausam!! Und dann kostet das auch noch 50 USD. Pro Person – und nur fürs Nasebohren! Danach müssen wir selbst die Proben zum Labor bringen. Dafür (und für die letzten Einkäufe) haben wir uns an diesem Tag wieder einen Mietwagen genommen. Im Labor sind nochmals 70 USD fällig – pro Person. Das Ergebnis (beide negativ, also Covid-frei) kommt dann per Email kurz vor Mitternacht.

An dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank an Ralf & Wiebke von der Flora. Sie haben auf ihrem BLOG das Procedere zum Einklarieren in Culebra – aus St. Maarten kommend – im Detail beschrieben. Da wir eine Goggle Fi SIM Karte haben, sind Roaming-Kosten beim mobilen Internet kein Thema für uns. Dennoch klappt die US App CBP Roam nicht, obwohl alle Daten in der App und bei der US Homeland Security hinterlegt sind. Wir latschen also zum Flugplatz von Culebra und erledigen alles persönlich. Die  beiden Beamten, die nach etwa 15 Minuten eintreffen, wollen uns zunächst sichtlich nur sehr widerwillig bedienen. Erstmal werden wir gar nicht ins Büro gelassen. Als ich ihm erkläre, dass die App CBP Roam einfach nicht will und ich auch bei den genannten Telefonnummern keinen Erfolg hatte, dürfen wir dann doch das Büro betreten.

Vor dem Costumsoffice am Flughafen Culebra. Das helle quadratische Loch zwischen Captain und Tür trägt die Aufschrift „baggage“, hier ist also der „Gepäckschalter“ für ankommende Fluggäste. Im Grunde ist es nur eine quadratische Öffnung zum Rollfeld dahinter.

Ganz offensichtlich hatten beide Angst vor einer Covid-Infektion. Diese Angst spüren wir auch bei vielen anderen Menschen hier. Das ist so ganz anders als St Maarten / St Martin, wo de facto fast alle Menschen gegen die Maßnahmen der Regierung rebellieren.

Aber zurück nach

Culebra:

Nachdem einer der Beamten das Ergebnis des PCR Tests begutachtet hatte, tauen beide sichtlich auf, werden sehr freundlich und hilfsbereit. So erfahren wir, dass man uns beim Verlassen des US Staatsgebiets (das war im Juni 2020, als wir in St Croix, US Virgin Islands, ausklarierten) nicht ausgecheckt hat. Ergo sind wir laut dem EDV-System nach wie vor in den USA, unerlaubterweise. Weil unser Visum nur 180 Tage zulässt. Anhand der Einreisstempel der übrigen Inseln & Länder im Pass ist natürlich ersichtlich, dass dem nicht so sein kann. Nur sind das natürlich Stempel anderer Länder – einen amtlichen US-Beleg über das Verlassen des Hoheitsgebietes haben wir nicht, und auch nie erhalten. Nur INVIA wurde seinerzeit ausklariert – aber nicht wir als Personen.

Es vergeht viel Zeit, weil nun im System ein entsprechender Bericht erstellt und hinterlegt werden muss. Unter all den vielen Stempeln finden wir gemeinsam den Einreistempel aus Antigua, vom Juni 2020. Der wird kopiert und im US-System als Ausreisebeleg hinterlegt.

Eine Anmerkung dazu: Jeder von uns hat zwei (gültige) deutsche Reisepässe. Zumindest in Deutschland ist dies relativ einfach möglich, wenn man wie wir viel unterwegs ist. Denn man braucht einen zweiten Pass, falls der 1. auf dem Weg zu irgendeiner Botschaft für ein Visum ist, oder man schlichtweg nicht den Einreisstempel eines verfeindeten Landes (z.B. einen Stempel aus Israel bei einer Einreise in ein arabisches Land) im Pass haben will.

Der Captain bewundert den Modellflugzeugbau eines Bastlers nahe beim Flughafen
Bunte Häuschenallee parallel zum Rollfeld
Die Bebauung im Hauptort Dewey ist etwas „kruschtelig“, will heißen bewohnt und schön ist vermischt mit offenbar unbewohnt oder zumindest unschön. Es wirkt zudem unordentlich, obwohl überall Mülltonnen stehen und wir gar nicht so viel Müll herum liegen sehen.
Ein sehr gepflegt aussehendes Restaurant, offen derzeit leider nur für take away.
Diesen öffentlichen Anlegesteg gabs einmal. Daneben gibt es viele gepflegte, die aber zu Privathäusern gehören und für uns unzugänglich sind.

Öffentlicher Platz mit Blick auf die Ankerbucht Ensenada Honda

Das Bürgermeisteramt und die Verwaltung des Stromversorgers daneben sind neu gebaut.
Wir sehen verschiedene schöne Wandmalereien.
Leider finden wir vieles closed vor. Wahrscheinlich hat der Ort in nicht-Covidzeiten mehr Charme.
Schmuckes Tourismusbüro beim Fährterminal von Dewey.
Beim Fährterminal von Dewey.
Hauptstraße von Dewey mit Restaurants, Cafes, Bars und Tourismusbüro.
Blick auf die Ankerbucht von Dewey, die Ensenada Honda.

Die Überfahrt St Maarten -> Culebra

Die verlief relativ ereignislos. Rund 130 nm direkte Strecke sind es von St Maarten. Etwas zu weit um alles sicher bei Tageslicht machen zu können. Ok, ja, INVIA ist eine Outremer: Es wäre möglich, ja, aber wenn der Wind dann doch nicht so bläst wie vorhergesagt, wird’s auch für eine INVIA mit den 12h Tageslicht knapp. Zumindest mit mir als captain, der keine Lust hat ans Limit zu gehen. Weil wir zudem noch auf die Öffnungszeiten der Simpson Bay Brücke angewiesen sind, um die Lagune zu verlassen, wir uns noch mit Denis zum Mittagessen treffen – gleichzeitig aber nicht noch einen weiteren Tag warten wollen um die max. Dauer von 72h für den letzten Covid-Test zu gefährden, entschliessen wir uns zu einer Nachtfahrt. Wir gehen also mit Denis, der endlich aus Grenada eingetroffen ist, zum Mittagessen, nehmen die letzte Brückenöffnung um 16:00 Uhr, fahren aus der Lagune ins offene Meer – und setzen die Segel.

Sonnenuntergang bei Sint Maarten
Sonnenuntergang bei Sint Maarten

Wie vorhergesagt käme der Wind exakt von hinten. An sich ideale Bedingungen, unseren Wingaker/Parasilor oder unser Spi zum Einsatz zu bringen. Die liegen seit 2018 ungenutzt in unserer Segellast. Aber ich mag nicht: Wir hatten diese wirklich tollen Segel jeweils nur 1x testweise auf der Atlantiküberquerung im Einsatz.

Aber: Ich weiss gar nicht mehr genau, wie ich diese Segel fahren muss. Vor allem bezweifle ich, dass alle Schritte noch sitzen, die im Notfall zu tun wären, wenn wir das Segel aus irgendeinem Grund schnell bergen müssten. Und dann mit so wenig Erfahrung auch noch durch die – wenn auch mondhelle – Nacht? Ich lasse es, mir ist das zu viel Aufwand. Wir gehen klassisch mit Vorsegel und Groß. Im Vollzeug, es hat konstant 17 – 22kn Wind von achtern. Optimal fürs Code D – damit würden wir etwa 11 – 12kn Fahrt machen können. Aber auch das lasse ich. Wir wären sonst zu schnell, kämen im Dunkeln an. Will ich nicht.

Diese Beseglung bedeutet, wir können nicht auf direktem Weg. Sondern müssen hin- und her halsen. Weil der Wind eben nicht exakt von hinten kommen kann (Längere Strecken Butterfly mit einem achterstaglosem Katamaran – tagsüber ja, aber nachts bei viel Welle – Nein !).

Am schnellsten wären wir etwa bei einem TWA (True Wind Angel) von 145 Grad. Damit ist die zu fahrende Strecke deutlich länger, weil im Zick Zack. Aber unterm Strich ist aufgrund der Aerodynamik INVIA damit am schnellsten. Ich fahre 160 Grad. Damit ist die zu fahrende Strecke zwar kürzer, dennoch sind wir langsamer. Aber die Zeit reicht für die 130 Meilen direkte Entfernung (wegen des Zick Zack – Kurses der auch bei 160 Grad erheblich ist – sind es deutlich mehr) locker aus, und die Welle kommt angenehmer von hinten als bei 145.

Angekommen in Culebra begeistert uns Dewey, der Hauptort, zunächst nicht. Vielleicht liegt das aber auch an den Coronavirus-Einschränkungen. Der Ort wirkt unbelebt, Restaurants offerieren take away. Konsequent wird auch draußen auf der Straße Maske getragen. Das macht unsere Erkundung zu Fuß etwas mühsam. Ein neues und modernes Bürgermeisteramt und ein schmuckes Tourismusbüro sowie ein verwaister größerer Fähranleger zeugen davon, das hier sonst mehr los ist. Mal sehen, ob wir am Wochenende noch da sind und ob dann der offenbar übliche Tourismus von der Hauptinsel Puerto Rico für einen anderen Eindruck sorgt.

 

3 Antworten auf „Westwärts – Wir erreichen Culebra“

  1. Hallo Invia! Endlich haben wir auch wieder mal ein Internet. Schön, dass ihr es auch in diesen Bereich der Karibik schafft. Schade dass alles zu ist in Culebra. Uns hat die Dinghi Dock Bar gut gefallen 😉
    Wenn ihr den Blog von Flora und von uns lest, dann werdet ihr dort auch den Hinweis auf Culebrita finden. Jetzt, wo es keine Touristen hat, sicher wunderschön. Als wir dort waren, wollte ein Motorboot zwischen uns und der Boje durch. Solche Dinge dürften in dieser Zeit nicht passieren.
    Eine schöne Zeit in Puerto Rico wünschen Köbi und Pia (SY Lupina)

    1. Hoi zsame,

      Culebrita haben wir fast für uns alleine. Nur ein Tagesausflügler kam grad. Bojen habe ich nirgends gesehen, wir ankern auf Sand.

      In der Dinghy Dock Bar haben wir unser Dinghy gelassen als wir zum Flughafen sind. Leider alles geschlossen, wirkte etwas traurig

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