Auf ins Mittelmeer

2 Tage nach mir kommt meine Crew: Oliver aus Basel, der mit mir 2018/19 bereits von den Kapverden nach Barbados gesegelt ist. Fritz aus Salzburg und Mathis, ebenfalls aus Basel.

Wir verproviantieren uns am nächsten Tag, schlafen nochmal – und dann geht’s los. Zunächst mal zur nächsten Insel, der kleinen Santa Maria.

Die Crew

Auf Santa Maria wollte ich eigentlich im Hafenbecken der Hauptstadt Vila do Porto ankern. Sah auf der Karte ganz gut aus. In Natura aber weniger, das Hafenbecken wirkt viel enger, auch weil rundherumum an den 2 Kaimauern diverse Fischer oder Fähren usw. anlegen. Wir fahren kurz in die Marina ein. Es ist schon gegen 19:00. Wegen des schwachen Windes und einiger Manöver, die ich unterwegs mit der neuen Crew übte, eines großen Wals (kein Orca) den wir zwischendrin sichteten und länger bestaunten, waren wir länger unterwegs. Auf dem Funk reagiert niemand mehr von der Marina und freie Liegeplätze sind nicht zu erkennen. Also gehen wir wieder raus, ankern etwa 2nm weiter östlich vor einem Strand auf perfektem Sandboden, in Gesellschaft von 5 anderen Seglern.

Direkt – oder via Madeira?

Die letzten 2 Wochen herrschte nahezu perfekter Wind, um von den Azoren ins Mittelmeer zu gehen: Aus westlichen und nordwestlichen Richtungen, um die 15 Knoten. Das ergibt auch eine angenehme Welle: Nicht zu hoch und schön von achtern. Natürlich ändert sich das, als wir los gehen.  Wenn man nicht mehr frei ist in der Zeiteinteilung, weil man externe Crew an Bord hat, greift Murphys Law.

Richtig unangenehm soll es nicht werden. Eher etwas windarm, dann aber zunehmend und leider aus der falschen Richtung: Aus Osten und Nord-Osten. Im weiteren Verlauf dann mit 20 – 25kn direkt aus Norden. 25kn aus N bedeuten halt auch unangenehme Welle – von der Seite, denn wir gehen ja nach Osten. Kein Problem, wirklich nicht. Aber halt nicht angenehm.

Nachtwache
Der captain entspannt sich

Die Crew hatte ich u.a. danach ausgesucht, wie zeitlich flexibel alle sind. Und flexibel sind sie, alle 3. Weil es immer mal weniger gute Wetterverhältnisse geben kann. Bei denen man zwar auch segeln kann – es aber nicht unbedingt muss. Wir diskutieren schon vor dem Ablegen in Ponta Delgada die Optionen. Entscheiden uns zunächst, direkt zu gehen. Also direkt & nonstop die 1.000 nm ins Mittelmeer, nach Gibraltar bzw. La Linea. Dabei bleiben wir auch, als wir in Santa Maria ablegen. Mit der Option, unterwegs die Pläne zu ändern, wenn das Wetter so bleiben sollte wie prognostiziert. Per iridium Satellitentelefon hole ich von unterwegs 2x täglich die Wetter- bzw. vielmehr Windprognose ein (das Wetter selbst interessiert nicht, dafür gibt es passende Kleidung. Was hingegen interessiert ist der Wind). Es soll bleiben wie die letzten Tage vorhergesagt – und das wollen wir nicht.

Wir ändern den Kurs: Von hart am Wind  drehen wir etwas ab nach Süden, auf Am Wind. Steuern Madeira an.

Madeira
INVIA in der Marina Quinta do Lorde, Madeira
INVIA in der Marina Quinta do Lorde, Madeira
Marina Quinta do Lorde, Madeira
Quinta do Lorde, Madeira
INVIA in der Marina Quinta do Lorde, Madeira

Dort wollen wir 2 Nächte bleiben, dann weiter nach Porto Santo wo ebenfalls 2 Nächte eingeplant sind. Danach sollte das Gebiet mit dem stärkerem Nordwind durchgezogen und die Wellen etwas abgeklungen sein.

Wir verschenken damit etwas Höhe gegen Norden – da aber der Wind ohnehin drehen soll spielt das keine Rolle. Und, ein weiterer wichtiger Faktor: Aus Madeira kommend nähern wir uns Gibraltar von leicht südlicher Richtung, gehen idealerweise ein Stück der tunesischen Küste entlang.

In dem Gebiet wurden bisher kaum Orca-Angriffe gemeldet. Vor allem nicht um diese Jahreszeit, da erfolgen die meisten Angriffe deutlich weiter nördlich. Und: Tunesien verbietet es im Gegensatz zu Spanien nicht, die Orcas zu vertreiben; verbietet weder den Einsatz von Pingern noch den Schutz der Ruderblätter durch Rückwärtsfahren (siehe letzten BLOG).

Wir gehen in die Marina Quinta do Lorde ganz im Südosten der Insel. Die Marina liegt in einem inzwischen bankrotten Resort. Traurig zu sehen wie hier alles verfällt. Auch der Steg, an dem wir liegen, hält nur noch rudimentär: Die Klampen sind teilweise lose, vor allem aber ist die hintere (vom Festland entfernte) Hälfte nicht mehr wirklich befestigt und dreht sich bedrohlich aus der Verankerung. Wir gehen soweit wie möglich nach vorne, damit wir zumindest am Vorschiff ordentlich festmachen können. Die einzelne Teile des Stegs gehen auseinander wie eine Zieharmonika – hoffentlich hält es!

Für den nächsten Tag nehmen uns einen Mietwagen. Geht nur für mind. 2 Tage – die wir dann auch bezahlen, obwohl wir ihn nur 1 Tag lang nutzen. Aber das hat sich gelohnt, die Insel bietet sehr schöne Ausblicke:

Bildergalerie Madeira:

Nach 2 Nächten in der Marina gehts weiter auf die Nachbarinsel Porto Santo.

Entlang der Südküste von Madeira
Anfahrt auf Porto Santo

Welch ein Kontrast zu Madeira!
Extrem trocken, durch die Abholzung und den hohen Verbrauch in früheren Jahrzehnten gibt es kein Grundwasser mehr. Es hat keine Flüsse oder Seen etc. Das Trinkwasser wird inzwischen per Umkehrosmose aus dem Meer gewonnen.

Wir buchen am Folgetag eine geführte Jeeptour über die Insel und erfahren  so viele interessante Hintergründe. Porto Santo ist eine der ältesten Vulkaninseln auf der Erde, die Insel ist vor etwa 14 Mio. Jahren entstanden und die letzte vulkanische Aktivität liegt sehr lange Jahre zurück, während es auf Madeira noch vor etwa 7.000 Jahren einen Ausbruch gegeben haben soll. Aus geologischer Sicht sehr interessant sind die Verwitterungsprozesse, die seither abgelaufen sind. So soll der Pico do Facho – mit heute 517 m höchster Punkt der Insel – früher etwa 200m höher gewesen sein.

Bekannt ist Porto Santo für den 9 km langen Strand mit feinen, goldgelbem Sand, dem therapeutische Eigenschaften nachgesagt werden. Entstanden aus einem uralten Korallenriff, das nach und nach zu Sand verwitterte. Der Sand ist sehr weich, leicht und geschmeidig und besteht im Wesentlichen aus Kalziumkarbonat mit diversen Mineralien.

Ein aufgebrochener Lavakegel auf Porto Santo
Diese Strelen entstanden während der Eiszeit, als das heisse Lava an der Oberfläche auf Eis traf

Marina Porto Santo
Ankerplatz ausserhalb der Marina Porto Santo
Die Crew auf Porto Santo
Blick auf den langen Sandstrand

Aufbruch nach Gibraltar

Die Windvorhersage hat sich tatsächlich nicht geändert. So heben wir am Tag 3 auf Porto Santo wie geplant den Anker und brechen auf. Die letzten ca. 500 Seemeilen Richtung Gibraltar. Der Törn verläuft ereignislos mit Winden exakt wie prognostiziert. Am letzten Tag schläft er, ebenfalls wie erwartet, ein und wir motoren der Küste Marokkos entlang ins Mittelmeer. Weit und breit keine Orcas zu sehen.

Frühstück unter Wäsche. Als wir motoren müssen, nutze ich den erzeugten Strom um Wasser zu machen und lasse die Waschmaschine laufen.

Noch in internationalen Gewässern, ausserhalb der Hoheitsgebiete von Portugal und Spanien, bereite ich zwei Pinger vor: Für ideale Effizienz sollen sie etwa 6m unter die Wasseroberfläche, weswegen ich eine alte Kette und den Dinghy-Anker dran hänge. Ins Wasser kämen sie nur in dem Fall, dass wir einen Orca sichten – während wir uns in internationalen oder tunesischem Hoheitsgewässer aufhalten.

Sobald wir spanisches Gebiet erreichen zerlege ich selbstverständlich wieder alles, denn der Einsatz ist bekanntermassen (siehe vorigen BLOG) für uns Segler illegal.

Die Straße von Gibraltar zu durchfahren erfordert immer besondere Aufmerksamkeit.

Wir halten uns also an der tunesischen Küste. Erst als wir Tanger an Steuerbord querab haben, damit mehr als die Hälfte der Straße von Gibraltar hinter uns und das Gebiet der Orca-Angriffe verlassen haben, drehen wir nach Norden.

Verlassen die tunesischen Hoheitsgewässer. Dort wo das Verkehrstrennungsgebiet unterbrochen ist und wir somit nicht verpflichtet sind, den Dickschiffen besonderen Vorrang zu gewähren. Was wir natürlich trotzdem tun, nur in Absprache. Mehrfach greife ich zum Funkgerät. Bei einem 300m langem Tanker in dieser engen Straße wäre es wirklich Unsinn auf unserem Vorfahrtsrecht zu beharren. Aber die meisten weichen uns wirklich schon beizeiten aus. Nur wenn ich schneller bin und am Funk anbiete, meinen Kurs zu ändern, wird das dann gerne angenommen. Bei bis zu 2kn Gegenstrom und Wind, der just auf Osten dreht und damit genau auf die Nase bläst, kommen dann doch die Motoren zum Einsatz. Langsam schleichen wir der spanischen Küste entlang, bis wir unser Ziel erreichen.

Unser Ziel: Estepona

Dort habe ich einen Platz in der Marina reservieren können. Um 02:00 morgens werfen wir erstmal den Anker vor dem langen Sandstrand, schlafen uns aus und gehen am nächsten Vormittag in die Marina.

Die Crew gönnt sich in Estepona eine leckere Paella

Estepona ist logistisch günstig gelegen, denn es gibt eine gut funktionierende Busverbindung zum Flughafen Malaga. Der Flughafen Gibraltar ist zwar näher, aber von dort hat man lediglich nach London eine gute Anbindung. Malaga hingegen wird von zahlreichen Airlines angeflogen. Meine Crew reist am Folgetag via Malaga ab, während die capitania am selben Tag aus Zürich kommend eintrifft. Mit ihr zusammen geht es dann auf zum letzten Abschnitt: Richtung Frankreich, Richtung La Grande Motte. Zum Geburtsort von INVIA, zur Outremer-Werft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.