Willkommen in Maryland


Wir sind nach North Carolina und Virginia nun im dritten Bundesstaat, in Maryland. Zwar lässt uns der Wind nach schönem Segeln in der Chesapeake Bay im Stich, als wir in den Potomac River einlaufen. Aber Sightseeing vom Feinsten entschädigt fürs Motoren.

Den Potomac River könnten wir wohl bis Washington befahren. Einerseits wäre das reizvoll, weil dieser Fluss wenig von Cruisern besucht wird. Andererseits hätten wir dann über 160 Kilometer Flusskreuzfahrt vor uns, wahrscheinlich viel davon unter Motor. Das ist uns denn doch zu viel. Washington steht auf der Besuchsliste. Aber per Mietwagen ab Annapolis, so der Plan.

Der Potomac River ist von viel Laub- und Nadelwald gesäumt. Immer wieder sehen wir Bojen als Marker für Fischreusen und auch große Einrichtungen zum Fischfang. Die Bebauung ist anders als zuvor in Virginia. Wir finden unsere Flusskreuzfahrt idyllisch.

Potomac River
Fischfang Potomac River

Nach etwa 40 Kilometern verlassen wir den Potomac River und laufen in die Brenton Bay ein.

Brenton Bay
Brenton Bay

Leonardtown ist unser Ziel. Zunächst wollen wir ankern, sehen dann aber, dass wir mit unserem Tiefgang gut an das öffentliche Dock des Ortes anlegen können, der Tiefenmesser zeigt auf Höhe des Docks immer noch 2,50m. Während der Captain INVIA in Position für das Anlegen bringt, kommen bereits Einheimische vom nahen Park und helfen uns mit den Leinen. Wir fühlen uns sehr willkommen hier. Dazu trägt bei, dass dieses öffentliche floating dock kostenfrei ist und sogar ein Schild trägt, wonach Übernachtung möglich und in Ordnung ist.

Willkommen in Leonardtown!
Invia am Dock in Leonardtown
Dock
Kai Leonardtown
Kai Leonardtown
Es gibt Müllsammelstelle und Toiletten am Kai. Strom und Wasser sind am Kai/Steg nicht vorhanden.
Am Kai gibt es Tafeln zur Historie
Leonardtown Wharf Park und Dock
Werbung im Ort für den Kai

Der positive Eindruck bleibt, als wir die etwa 400m zum Ort hinauf laufen. Tatsächlich müssen wir hinauf, denn Leonardtown liegt auf einem Hügel. „Steep“, wie wir gelesen hatten, also „steil“ finden wir deutschen Wandersleute den allerdings nicht. Oben erwartet uns ein lebendiger Ort mit mehreren Restaurants, Pubs etc. Der Ort ist Fußgänger-freundlich. Bürgersteige und Warnschilder, wonach Autofahrer Rücksicht auf Fußgänger nehmen müssen. Dazu eine ganze Reihe schattiger öffentlicher Sitzplätze zum Verweilen. Und öffentlicher Busverkehr, ua auch zu den großen Lebensmittelläden außerhalb des Ortes:

https://www.stmarysmd.com/dpw/stsfares.asp

Im Ort erleben wir wieder große Freundlichkeit. Als wir uns im Eingang des Front Porch Restaurants (Südstaatenküche) in die Warteschlange einreihen, kommen wir sogleich ins Gespräch mit den Wartenden. Außer uns haben alle eine Reservierung und es ist voll. Als die Bedienung zur nächsten Tischvergabe kommt, sorgen die anderen Gäste zunächst dafür, dass auch wir eine Tischreservierung bekommen, bevor sie ihren eigenen Tisch belegen. Die Kombinationen der Gerichte in der Südstaatenküche sind ungewöhnlich. Belgische Waffel, vanillig-süß, darüber Ahornsirup, darauf frittiertes Hähnchen mit scharfer Soße.

Wir haben viel Besuch bei der INVIA. Der kleine Park mit Spielplatz und die Promenade „Leonardtown Wharf“ sind Ziel für Spaziergang, Spiel, Sitzen und Ratschen und Startplatz für Kajak und Stand-up-paddleboards. Immer wieder werden wir gefragt, woher wir kommen und wie lange die Atlantiküberquerung gedauert hat. Offenbar liegen wir vor einem Städtchen, in dem viele vom Leben an Bord träumen, jedenfalls erzählen uns das Etliche. In unserem INVIA-Gästebuch finden wir später diesen Eintrag, der zeigt, wie herzlich wir in Leonardtown willkommen geheißen werden : „Hi. I’m living in Chicago but currently I’m in Maryland visiting family before a move to California. Saw your vessel at the dock in Leonardtown the past two days. Thanks for stopping in our little town! My Dad and I talked about seeing your vessel at the dock this evening after dinner. She’s beautiful. Safe travels!!!“

Die Umgebung von Leonardtown und auch die Landschaft des Potomac Rivers sind ländlich geprägt. Maryland hat Weinanbau und es gibt sogar in der Umgebung von Leonardtown eine Winery, die Port Leonardtown Winery. Dabei handelt es sich um die einzige Kooperative in Maryland. Leider haben wir wieder Pech, Dienstag und Mittwoch geschlossen, und der Dienstag wäre genau der passende Tage für unseren Besuch gewesen. Vorbei gelaufen bin ich immerhin. Die Winery liegt wenig idyllisch an einem vierspurigen Highway, was daran liegt, dass man eine verlassene Autowerkstatt umfunktioniert hat zum Probier- und Veranstaltungsort.

Bauernhöfe bei Leonardtown
Winery
Was so idyllisch aussieht liegt an einem stark befahrenen Highway

Umfunktioniert hat man auch das Gebäude, in dem der Shepherd’s Old Field Market liegt. Eine Ansammlung von kleinen Spezialitätenläden. Leider ebenfalls montags und dienstags geschlossen, aber immerhin können wir reinschauen. Hier wie auch sonst in Leonardtown findet man Kunst, Kultur und Genuss. 

Genuss gibt es definitiv im Scholaden-Laden, in dem wir natürlich Erinnerungen (vergängliche, weil essbare) an Leonardtown kaufen müssen:

Nicht geschlossen ist der „the good earth“-Laden, ein Reformhaus mit großer Auswahl und etwas Frischware. Dort kann ich Roggenmehl fürs Brot backen kaufen, das ich andernorts nicht fand. Toll finde ich die Initiative, Holztaler an Kunden auszugeben, die eine wieder verwendbare Einkaufstasche mitbringen. Diesen Taler kann der Kunde in eines von 3 Gläsern seiner Wahl einwerfen und damit eins von 3 Projekten aussuchen, das vom Laden gesponsert wird. Ein nach unseren bisherigen Einkaufserfahrungen hier noch einsamer Leuchtturm gegen Unmengen an Plastiktüten beim Lebensmitteleinkauf.

Schön ist, wie sehr man an der Historie des Ortes interessiert ist und sie präsentiert. Das haben wir ebenso an den vorherigen Stopps an Orten mit historischer Substanz erlebt. Wie dort gibt es in Leonardtown Tafeln mit Erklärungen. Im ehemaligen Gefängnis hat man ein Museum eingerichtet.

Ehemaliges Gefängnis, heute Museum

Bei diesem historischen Gebäude steht der Gedenkstein an Moll Dyer. Die Frau wurde der Hexerei verdächtigt und in ihrer Hütte verbrannt. Es heißt, man habe ihre verbrannten Überreste an diesem Felsen gefunden und in dem Felsen Marker ihrer Hand und ihres Knies.

Mit dem Sweetbay Restaurant testen wir heute Abend ein weiteres der netten Lokalitäten des Ortes. Dieses Essen war definitiv das beste seit langem. Asiatisch angehauchte frische Küche.

Sweetbay Magnolienbaum, leider bereits sehr abgeblüht

Sweetbay, das sind die großen Magnolienbäume mit voluminösen weißen Blüten, die wir hier in allen Counties sehen. Leider verblühen sie so langsam und zeigen uns, dass wir doch schon drei Wochen in den USA sind. Zeit für die 2.Biontech Impfung, für die wir uns in eine Marina bei Solomons Island verlegen werden. Luftlinie ist das nicht weit, aber segelnd müssen wir die Strecke durch den Potomac River zurück bis in die Chesapeake Bay segeln oder motoren (hoffentlich nicht!), um dorthin zu kommen. Gerne wären wir länger in Leonardtown geblieben. Die Freundlichkeit der Menschen, der gastliche Ort, die Fußwege und die guten Restaurants haben es uns angetan. Und das Klima hier weiter nördlich ist – jedenfalls derzeit – nicht schwül heiß und bestens geeignet für ausgiebige Erkundungstouren zu Fuß.

Abendstimmung am Kai
Gegen die zahlreichen Insekten wird abends gesprüht.

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