Wasser statt Wein

Vom Great Wicomico River, Virginia, aus gibt es wieder unzählige Ankermöglichkeiten. Wir wählen die Ingram Bay und dort den südlich abzweigenden Mills Creek. Hier liegt die Jacey Vineyard, ein kleines Weingut, das samstags ausschenkt und Cruiser vom Dock zur winery abholt.

Mills Creek
Mills Creek
Mills Creek

Das Weingut ist eines von mehreren in Virginia, die am Chesapeake Bay Wine Trail liegen und die einzige, die für Cruiser so leicht zugänglich ist. Aber es soll leider nicht sein: Am Freitagnachmittag setzt heftiger Regen ein, der sich erst bis Samstagmittag ausgenieselt hat. Auf unsere Anrufversuche reagiert niemand im Weingut und so denken wir, aufgrund der Nässe werde die übliche Öffnung von 12 Uhr bis 17 Uhr ausfallen. Erst am Tag drauf erfahren wir, dass zur Zeit jeden Samstag geöffnet ist, schade. Aber wir haben Alternativprogramm. Am Freitag vor dem Regen können wir uns die Beine an einem nahegelegenen Strand vertreten und sehen dort Abdrücke von Vogelfüßen, die etwa meine Schuhgröße haben. Wie wir später erfahren stammen sie von Kanadareihern, die stolze 102-127 cm groß werden können.

Am Strand in der Ingram Bay

Neben vielen Vögeln gibt es zahlreiche Frösche in den Creeks. Zwei davon schaffen es während des Regens auf unerklärliche Weise bis raus auf unseren Ankerplatz im Fluss. Den einen am Eimer fürs Regenwassersammeln entdecken wir bald. Den anderen erst am nächsten Ankerplatz, denn der kleine Kerl hatte sich unser Dinghy als Landeort ausgesucht.

Nach dem vielen Wasser von oben verlegen wir uns an den Ort, der um 1900 die höchste Millionärsdichte der USA hatte: Reedville im Cockrell Creek, der auch vom Great Wicomico River abzweigt. Der vormalige Reichtum des kleinen Ortes stammt vom Fischfang. Menhaden wurden hier sogar unter Einsatz von Flugzeugspionen gefangen. Aufgabe der Piloten war es, aus der Luft die Menhaden-Schwärme zu entdecken und den Fangflotten zu zeigen. Die Menhaden, zu deutsch Bunker, sind höchstens 38cm lange platte Fische. Man nutzt sie nicht als Speisefische, sondern vielmehr sind sie aufgrund ihres hohen Ölgehalts wertvoll. In Fabriken rund um Reedville wurden die Menhaden zu Fischöl (Omegaquelle), Tierfutter und Dünger verarbeitet.

Ruinen der vormaligen Fischfabriken. Wahrzeichen Reedvills ist der hohe Schornstein links im Bild, der 2010 restauriert wurde.
Diese Ruinen haben die Vögel für sich erobert.

Eine Fabrik arbeitet heute noch und dünstet uns bei der Einfahrt in den Cockrell Creek kräftig entgegen.

An unserem Ankerplatz direkt vor dem Cruiserfreundlichen Dock des Reedville Market Restaurants riechen wir davon aber nichts mehr.

Blick auf Reedville von unserem Ankerplatz. Rundum zwitschern Vögel.

Von unserem Morgenidyll mit Vogelgezwitscher – lautstark – gibt es ein Video:

Blick zur anderen Seite vom Ankerplatz aus

Im liebevoll gestalteten Reedville Fishermen’s Museum erfahren wir mehr über den Fischfang und Reedvilles Geschichte.

Museum bei der Kirche
Im Museum
Das älteste Haus am Ort wurde angeblich in nur 24 Stunden gebaut und steht heute noch.
Es gab früher ein auf den Flüssen fahrendes Theater, hier im Modell
Nicht nur vom Boot aus wurde und wird gefischt…
In zahlreichen Reusen werden Fische und Krebse gefangen. Spezialität der Gegend sind softshell crabs, das sind Krebse, die ihren Panzer im Wachstum abgeworfen haben und gefangen werden, bevor der nächste harte Rückenpanzer gebildet wird. Sie werden ausgenommen und als ganze paniert und frittiert serviert. Unser Geschmack wars nicht, aber viele liebe dieses Gericht.

Die schönen Villen aus der reichen Zeit zieren noch heute die „Hauptstraße“ des kleinen Ortes. Zwei Restaurants und ein Eisladen mit hausgemachtem Eis entschädigen sehr für den ausgefallenen Besuch auf dem Weingut.

Villen entlang der Main Street

Heute baut man gerne schattig unter die großen Bäume:

Wir können uns ausgiebig die Beine vertreten in der ländlichen Umgebung des Ortes.

Friedhof vor Reedville
Kleine Farmen mit Maisfeldern

Eine Antwort auf „Wasser statt Wein“

  1. Vielen Dank für die schönen Bilder und interessanten Berichte, da sieht man mal wieder wie vielseitig die Chesapeake Bay ist. Wir haben letzte Saison ja wirklich schon viel gesehen, aber die meisten Ankerplätze, die ihr jetzt besucht habt, kennen wir nicht. Ist möglicherweise auch eine Frage des Tiefgangs😉. In Reedville waren wir kurz, sind dann aber weiter in den Great Wicomico hinein gefahren wegen des Geruchs. Liebe Grüße aus dem Süden Annemarie

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