Hinlänglich oft, so denke ich, habe ich hier erwähnt dass ich ein reines Vorwindsegel haben will. Wollte ich schon beim Kauf unserer INVIA. Vom Monohullsegeln bekannt ist mir der Einsatz eines Spinnakers. Einen Parasailor – das sind Spinnaker mit eingebauter „Tragfläche“ – kannte ich nur aus der Werbung. Letzteren wollte ich gerne für die Zeit ab dem Mittelmeer einsetzen, wenns darum geht im Passatwind Strecke zu machen: Kurse meist platt oder nahezu platt vor dem Wind. Von den Outremer-Experten wurde mir von so einem Segel immer abgeraten: Eine Outremer sei zu schnell für sowas. Es sei viel besser und schneller mit dem „Code D“ und max. 140 Grad vor dem Wind zu kreuzen. Ok dachte ich mir – ich bin in Sachen Katamaran halt das Küken, wieso will ich schlauer sein als die Henne?
Heute sagt das Küken: Hahnebüchener Blödsinn.
Jedenfalls was Fahrtensegeln mit kleiner Crew betrifft.
Ich kann jedem Besitzer eines schnellen Kats nur dazu raten sich ein echtes Vorwindsegel zuzulegen.
Auch Besitzer einer Outremer. Sofern man vorhat längere Passagen wie eben bspw. über den Atlantik zu segeln. Und noch mehr wenn man, wie wir, mit kleiner Crew segelt.
Ok, sachlich stimmt es: Eine Outremer ist schnell, wirklich schnell. Schneller als viele andere. Auch schneller als viele Kats. Auch gilt: Mit Code D oder A2 oder Genua oder auch nur Fock bei 140 Grad TWA (True Wind Angle) vor dem Wind zu kreuzen: Das ist „all in“ gerechnet (VMG) noch schneller.
Das heisst aber auch: Welle schräg von hinten.
Bei 1 oder 1,5m Wellenhöhe – OK. Ab 2m Wellenhöhe fängt es an, unangenehmer zu werden. Um jetzt nicht mißverstanden zu werden: Sowas ist absolut im grünen Bereich und wirklich segelbar. Auch bei 5m oder 6m oder noch höheren Wellen. Und natürlich macht es einen Unterschied, ob es sich um eine langgezogene Atlantikwelle oder um kurze Hackwelle handelt. Aber, aber, aber und nochmals aber: Die Tendenz ist diesselbe. Und wenn 170 oder 180 Grad eh der passende Kurs zum Ziel wäre – warum zum Henker soll ich mir dann diese Schaukelei antun? Es ist sooo viel entspannter, sooo viel ruhiger platt vor Wind & Welle zu segeln.
Auf einem Kat spürst Du auch auch höhere Wellen kaum – wenn, genau: wenn sie genau von hinten kommt. Dann liegt der Kat fast ruhig wie ein Brett, die Welle hebt und senkt das ganze Schiff ein wenig aber so gleichmäßig, daß die Bewegung nicht unangenehm wird.
Wenn ich damit ein klein wenig langsamer bin als mit dem asymetirschen Spi bei 140 Grad TWA – dann muss ich ganz ehrlich sagen: Drauf geschissen. Wer erlebt hat, was für einen Unterschied es ausmacht ob man die Welle schräg hat oder von hinten – der pfeifft auf den Geschwindigkeitsunterschied. Insbesondere nachts und bei kleiner Crew, wenn man nach Tag X schon etwas müde ist.
Schon im Mittelmeer wurde mir klar, dass ich auf die Empfehlungen der Rennfreaks pfeiffen werde.
Ich habe mir daher schon vor der Fahrt auf die Kanaren einen Vorwind-Spinakker bestellt (in weiser Voraussicht hatte ich seinerzeit schon das Rigging für einen symetrischen Spinakker anbringen lassen, sodass es an der INVIA keinerlei Umbauten mehr bedurfte). Einen Spi mit 140 qm Segelfläche und damit eigentlich zu klein für ein Boot wie die INVIA. Zudem aus stärkerem Material und damit etwas schwerer. So aber geeignet für den Einsatz bei stärkeren Winden, Idealbereich 25kn bis 35kn TWS (True Wind Speed).
Lieferung auf die Kanaren: Not so easy….
Der Spinakker wurde uns nun auf die Kanaren geliefert. Für eine Yacht in Transit – somit zollfrei denn wir führen ihn ja nicht wirklich auf die Kanaren ein.
Der ganze Papierkram erforderte Etliches an Emails und Telefonaten unter Zuhilfenahme von Goggle Translate. Denn mein radebrechendes Spanisch reichte nicht aus. NIE- Nummer, Steuernummer usw. – hatten wir alles nicht. Brauchten wir auch nicht, weil wir „in transit“ sind. Das dem Zoll auf La Palma klar zu machen war etwas schwierig – aber am Ende erfolgreich. Auch Dank der Hilfe eins wirklich guten Verzollungsagenten. Den brauchte ich, ansonsten wäre wohl die kanarische Einfuhrsteuer zu berappen gewesen.
Im Cargo Terminal von La Palma darf ich den neuen Spinakker in Empfang nehmen. Neben den Transportgebühren an den Hersteller bezahle ich rund 33 Euro an die Ground Handling Firma und nochmals 53,50 Euro an die Verzollungsagentur. Dann kann ich das Segel in den Mietwagen packen und von dannen ziehen. Am nächsten Tag kommt noch jemand von der Zollagentur im Hafen vorbei, auf die INVIA. Um sich bestätigen zu lassen dass sich das Segel an Bord der INVIA in Transit befindet – das wars.
Wenn schon, denn schon: Ein Wingaker Parasailor kommt noch dazu
Weil ich jetzt so richtig loselegen will mit dem Vorwindsegeln, habe ich auch gleich noch einen Wingaker bestellt. Im Grunde ein Parasailor, etwas abgewandelt. Mit 178 qm deutlich größer als der Spi und für leichteren Wind gedacht. Den nehmen wir dann aber erst im Dezember in Empfang und per Fluggepäck mit auf die Kapverden.
Zollfreier Familienbesuch in transit
Am nächsten Tag geht´s nochmal zum Flughafen La Palma. Diesmal nicht zum Cargo Terminal sondern zum Passagierbereich. Unsere Tochter kommt uns besuchen! Auch ihre Anlieferung erfolgt zollfrei, und das sogar ohne Papierkram. Nur für 4 Tage zwar, dann muss sie wieder exportiert werden. Sie ist ebenfalls „in transit“. Aber wir freuen uns schon sehr drauf. Segeln tut sie gar nicht gerne deswegen werden wir die Tage im Hafen verbringen. Passt auch, wir wollen ohnehin die Insel mit Mietwagen und wandernd erkunden. Und genau das tun wir dann auch.
Die capitania hat unten darüber ausführlicher berichtet.
Stosse zufälligerweise auf eure HP und denke, diesen Namen kenne ich doch! Steige kurz an Deck, und wirklich: die INVIA steht gleich uns gegenüber im Hafen Sta Cruz de La Palma. Die Kommentare zu Hafen kann ich voll unterschreiben, zu La Palma erst recht – eine wunderbare Insel! Unser nächstes Ziel ist Teneriffa, da lesen wir eure Berichte sehr interessiert.
Happy Sailing, Köbi und Pia von der SY LUPINA