Heute, Sonntag morgen hiesiger Zeit, beschliessen wir, dass ein Tapetenwechsel gut tun würde. Wir haben so vieles in den BVIs noch nicht gesehen. Wir verlassen daher Great Harbour auf Jost van Dyke, wollen an die Nord – Ecke von Tortola. Wir kreuzen im 3. Reff – der Wind ist recht böig zwischen 10 und 30kn – hart gegenan. Unterwegs merken wir die zunehmende Welle, denn der Kurs führt erstmal raus aus dem Binnenrevier.
Die 1. Planänderung:
Wir gehen nur bis zur Cane Garden Bay, gegenüber auf Tortola. Wir sind fast da und wollen die Segel bergen. Da bekommen wir über Facebook mit, dass die US Virgins eine Ausgangssperre erlassen und ab sofort keine Touristen mehr ins Land lassen wollen.
Autsch!
Aber die Formulierung ist unklar: Gilt das auch für Cruiser, also Live Aboard Segler wie wir? Und dürfen die Touristen weiter ins Land, werden nur Hotels & Restaurants geschlossen? Die US Gesetze sind uns nicht ganz klar. Denn über manches können nur die USA entscheiden, während über anderes die lokale Regierung verfügt. Und eben hat der Gouverneur der USVI per TV verkündet, dass Touristen in den USVIs nirgendwo mehr bleiben können. Klingt danach, als ob man zwar weiter einreisen dürfe (weil darüber vielleicht nur die US Regierung zu entscheiden hat?) – aber Hotels und Unterkünfte geschlossen werden müssen (weil darüber der Gouverneur entscheidet?).
Keine Ahnung. Mir wird die Sache zu heiß. Denn in den BVIs haben wir nur eine Genehmigung bis zum 8.4. Wenn uns die nicht verlängert wird? Weil vielleicht wieder so ein Giftzwerg – wie schon mal – für uns zuständig ist? Und was wenn uns dann die US Virgins nicht mehr rein lassen?
Die 2. Planänderung
Wir machen sofort kehrt und gehen in die USVI. Ich will keine Zeit verlieren. Wir schütteln daher das 3. Reff raus und nehmen im 1. Reff Kurs St John. Vorwindig mit 10-12kn Fahrt geht es die 8nm Richtung Cruz Bay auf St John.
Die Entscheidung treffe ich als Captain. Auch wenn es Aspekte gibt, die gegen den sofortigen Wechsel sprechen. Denn in den BVIs gibt es noch keine Ausgangssperre und alle Buchten sind unglaublich leer. Es ist wirklich wunderschön! Sozialdistanz ist einfach. Während wir schon auf dem AIS sehen, dass die USVI geradezu überquellen. Wir haben zuvor live nie auch nur annähernd so viele Yachten gesehen, wie jetzt allein schon auf dem AIS! Was für ein Unterschied. Wir diskutieren die Sache kurz. Die Capitania stellt nochmal die Vorzüge des Cruisens in der leeren BVI Inselwelt heraus, sieht aber auch ein Klären unseres Aufenthaltsrecht als vorrangig. Wir erleben mal wieder am eigenen Leib, was es bedeutet, Ausländer im Gastland zu sein. Aber mein Entschluss steht fest. Auch die Crew zieht dann ohne Murren mit.
Ich bin nervös. Denn mit Starkwind, Sturm und heftigen Wellen kann ich umgehen. Ich kenne unsere INVIA gut, ich weiß was sie in miesem Wetter leisten kann (und das stellt viele andere Kats in den Schatten). Ich kenne meine Grenzen. Und so in etwa die der Crew. Das alles kann ich einschätzen, das alles macht mich nicht nervös – allenfalls aufmerksamer.
Was ich nicht kenne und was mich wirklich nervös macht, ist: Wie reagiert so ein Grenzbeamter auf eine Äußerung des Governeurs? Was fällt den Politikern alles noch ein?
Wir nehmen deswegen sofort Kurs auf St John. Ohne in den BVIs auszuklarieren. Das spart Zeit. Wir wissen, dass die US Grenzer keine Ausklarierungspapiere sehen wollen – ergo hätten wir deshalb keine Probleme. Und auf diese Weise können wir im worst case einfach zurück in die BVIs, falls man uns die Einreise in die USVI verweigert. Wird schon keiner unsere Route auf dem AIS oder Radar verfolgen. Falls wir in die US Virgins einreisen dürfen, dann haben wir halt später ggf ein Problem, wenn wir nächste Saison wieder in die BVIs gehen. Was wir definitiv vorhaben.
Drauf gesch… das ist mir alles egal. Ich brauche erstmal die Gewissheit, nicht rausgeworfen zu werden. Diese Unsicherheit lähmt meinen Verstand.
In St John klappt alles bestens. Wir sind einklariert und haben die offizielle Erlaubnis, uns bis zum 21. September in den USA aufzuhalten.
Und soeben wollte ich die Gebühren für die obligatorische Boje an die Nationalparkverwaltung zahlen. Bin also mit dem Dinghy zur schwimmenden Zahlstelle gefahren.Dort klebte ein Schild:Alle Gebühren sind bis auf Weiteres erlassen.
Irgendwie mag ich die Amerikaner doch. Man hält zusammen wenn es Probleme gibt.
Oder wie anders soll man dieses Zeichen deuten?
Als nächsten Schritt stelle ich unsere internationale Krankenversicherung um. Derzeit geniessen wir Dank einer echten internationalen Versicherung weltweit Versicherungsschutz als Privatpatient. Weltweit, wir dürften uns zu Behandlungen auch in die Schweiz begeben. Ausgenommen sind nur die USA – hier wären wir nur bei Notfällen versichert und auch nur bei max. 6 Wochen Aufenthalt. Dafür zahle ich in meinem Alter rund 1900 Euro im Jahr. Die capitania etwas mehr.
Inkl. USA wäre es das 3,5 fache. Aber da nicht absehbar ist, was noch auf uns zu kommt, werde ich diesen Zusatz buchen. Wenn es um unsere Sicherheit geht, mache ich keine Kompromisse.
Die Corona -Hysterie hat auch die INVIA erfasst…
Lieber Stefan
Da hast Du Dir nun aber ein Bier, oder etwas stärkeres verdient! Das Schliessen der US-Grenze ist vorderhand kein Thema und auch Sache der Bundesbehörden. Bin zwar Heute Abend auch kurz darauf reingefallen, da auf der USVI-Homepage die neue BVI-Regelung mit der Grenzschliessung aufgeführt wurde. Das gilt aber für die BVI, wobei die ja die Grenzen bereits vor ein paar Tagen geschlossen haben. Verwirrend, aber egal. Die Aussage des USVI-Gouverneurs wegen den 30 Tagen bezieht sich darauf das Hotels usw. keine Gäste aufnehmen dürfen. Wir haben ja unser Heim dabei. Eine eigentliche Ausgangssperre gibt es (noch) nicht. Man soll aber hier nur raus, wenn unbedingt nötig.
Liebe Grüsse von einem Wohnmobil-Kat aus Charlotte-Amalie
Daniel
Aufgrund meiner Gicht habe ich leider kein Bier mehr an Bord. Denn die Hefe tut mir nicht gut. Aber wir konnten in der Cruz Bay heute leckeren Rotwein bunkern. Da trinke ich sehr gerne 1 Glas auch auf Dich! (Und 1 auf Martina, 1 auf die capitania…)
Hallo ihr zwei Weltenbummler
Sehr gute Entscheidung 🙂 langsam haben wir uns schon Sorgen um euch gemacht.
Liebe Grüße von daheim
Kein Grund zur Sorge, liebe Witta! Sofern wir das Virus nicht schon irgendwo aufgeschnappt haben – das wird sich in den nächsten Tagen zeigen – haben wir hier die wohl beste und gleichzeitig schönste Quarantäne, die man sich vorstellen kann.
Dein Video vom Staffelberg ist wirklich erschütternd. Kein Baum steht mehr – gruselig!
Ja, so langsam beginnt es auch hier in der Karibik so manchem Segler unter dem Hintern zu brennen. Kühler Kopf und gute Strategie sind gefordert, so dass wir nicht plötzlich im Niemandsland enden.
Ja Köbi, so ist es. Manche haben aber offenbar einen tiefgefrorenen Kopf.
Dazu zähle ich nicht:
Mich macht es IMMER nervös, wenn mein Schicksal von einem unzuverlässigem(!) Dritten abhängt. In diesem Fall ist der Dritte die Frage, ob und wenn ja wann welche Insel ausserhalb des Hurricangürtels sich für uns öffnet. Oder zumindest zur Vernunft zurück kehrt und z.B. Einreisen erlaubt aber eine 14tägige Quarantäne einfordert. Im Moment reagiert aber nirgends der Verstand, sondern teils sinnloser Aktionismus.