In den Südstaaten

Wir sind gut angekommen in den USA und haben unseren ersten Landfall in Beaufort North Carolina. Ein für amerikanische Verhältnisse historischer Ort mit Wurzeln aus dem 18.Jahrhundert erwartet uns. Zunächst heißt es aber überhaupt bleiben dürfen.

 

Auch wenn wir beide mit einem 10 Jahre gültigen B2-Visum einreisen, benötigen wir als Nicht-US-Bürger eine Aufenthaltsbewilligung und eine Cruising License für die INVIA. Zuständig für deren Erteilung ist die CBP (United States Customs and Border Protection). Nachdem wir den Tipp bekommen hatten, die Spracheinstellungen am Handy auf Englisch einzustellen, funktioniert der Erstkontakt über die CBP Roam App (In Puerto Rico, noch mit deutscher Spracheinstellung am Handy, hatte die App nicht funktioniert.) Wir erhalten den Videoanruf eines sehr netten Officers, der uns zwei salzige glückliche Segler in den USA willkommen heißt und sagt, er werde alle nötigen Unterlagen im Office vorbereiten. Wir hätten 24h Zeit, bei ihm vorbei zu kommen.

Ankerplatz im Taylors Creek Beaufort, dahinter Rachel Carsons Reserve

Geduscht und landfein gemacht geht es kurze Zeit darauf mit einem Uber nach Morehead zum CBP-Office. Der Officer stellt zunächst für uns persönlich eine 6monatige Aufenthaltsbewilligung aus. Er hat zwar für INVIA noch einen Vermerk über eine laufende Cruising License aus Puerto Rico im Computer. Akzeptiert aber unseren Hinweis, wonach wir die License in Puerto Rico zurück gegeben hatten und meint, dort werde häufig vergessen, die Rückgabe im Computer zu vermerken. Wir sind froh, dass er uns anstandslos eine neue License für 1 Jahr Laufzeit ausstellt. Denn ein Schiff, das während der Laufzeit einer noch gültigen Cruising License in die USA einreist, muss nach deren Ablauf das Gebiet der USA für 15 Tage verlassen. Erst nach anschließender Wiedereinreise kann eine neue License ausgestellt werden. Für das Schiff, wohlgemerkt. Nicht für die Personen. (siehe die Erlebnisse der Infinity Crew: https://sailing-infinity.net/2021/05/19/savannah-das-sudstaaten-juwel/).

Vor dem Office kommen wir mit einem Seglerpaar ins Gespräch, das gerade vor uns einklariert hatte. Sie sind auf dem Weg zur CVS-Pharmazie in Morehead City, wo sie online einen Termin für ihre erste Impfung gegen Covid mit dem Wirkstoff von Pfizer Biontech vereinbart hatten. Wir fahren mit, könnten dann aber erst in 3h geimpft werden. Wir verschieben das dann auf den nächsten Tag. Wir sind dem Staat North Carolina und den USA sehr dankbar für diese Möglichkeit. Gerne hätten wir die Impfung bezahlt, sie ist jedoch vom Staat finanziert und für jedermann offen. Unabhängig vom Immigrationsstatus. Mit subventionierten Uber-Fahrten und Pharmacie-Rabatten versuchen alle, eine möglichst hohe Impfquote zu erzielen.

Nachdem der captain erfährt, dass viele dieser Gratis-Uber-Fahrten zum Imopftermin von anderen gespendet wurde, gibt er die Gratis-Fahrt zurück und bezahlt ganz normal. Denn dass andere Amerikaner uns auch noch die Transportkosten bezahlen, das geht uns zu weit.

Eine Maskenpflicht herrscht in North Carolina unabhängig vom Impfstatus nicht mehr. Nahezu niemand trägt eine Maske. Wir als Impffrischlinge sind vorsichtig, setzen drinnen die Maske auf. Das führt zum Teil zu grotesken Situationen wie in einer Bar, als ich mit Maske eintrete, um zur Toilette zu gehen. Erschreckte Blicke, man bildet eine Gasse vor mir. Ich versichere, nicht krank zu sein, doch die Blicke signalisieren, dass man mir nicht glaubt.

Impfung in einer Ecke der Apotheke

Wir fühlen uns trotz dessen sehr wohl in Beaufort. Amerikanische Freunde hatten uns zuvor gesagt, wir würden eine herzliche offene Mentalität vorfinden in den Südstaaten. Das können wir definitiv bestätigen. Auch der Ort mit seinen Villen aus dem 18. und 19. Jahrhundert gefällt uns sehr. Zum bevorstehenden Memorial Day sind viele Häuser mit Flaggen geschmückt.

Auch einige Fahrzeuge sind geschmückt
Kleine Bibliotheken stehen an verschiedenen Plätzen im Ort
Historischer Friedhof Beaufort
Historischer Friedhof Beaufort

Eichhörnchen am Straßenrand

Mit herannahendem Wochenende wird es zunehmend voll. Wir erhalten mehrfach die Warnung, dieses lange Wochenende am Anker zu verbringen. In den Creeks rund um Beaufort würden sich viele kleine Motorboote mit feiernden Leuten aufhalten. Alkoholgenuss und Feierlaune könnten zu riskantem Verhalten auf dem Wasser führen.

Eins der Ausflugsboote
Die Coastguard boarded einen Katamaran, der zu sehr im Fährchannel liegt und dessen Eigentümer nicht an Bord sind. Wahrscheinlich um eine Nachricht an Bord zu hinterlassen

Wir genießen das Treiben, das so anders ist als zuletzt auf den wenig bevölkerten Inseln. Von unserem Ankerplatz im Taylors Creek aus haben wir Premiumblick auf den Trubel und nur eine kurze Dinghystrecke zum Schwimmsteg beim Ort.

Marina Beaufort Docks
Dinghydock Beaufort. Abfallentsorgung ist direkt am Dock möglich, die Deckel der Holzmülltonnen kann man anheben, um Müllsacke einzuwerfen.

Bis wir sicher am Anker liegen, dauert es allerdings etwas. Der Creek vor Beaufort ist eng, eine Marina vor dem Ort und Fähr- sowie Ausflugsverkehr brauchen Platz und wir wissen, dass es Tidenstrom gibt. Wir ankern zweimal um, bis wir gut liegen. Beide Male ziehen wir Ankerkette und Leinen vom Grund mit rauf, Reste von früheren Ankerliegern und von Mooringbojen, die es hier früher gab und die alle – jedenfalls über Wasser – abgeräumt wurden.

Wir finden den Ankerplatz gut gefüllt als wir ankommen. Sehen dann aber in den nächsten Tagen, wie viele Schiffe noch Platz haben. Die Ausflugsboote kurven nun zwischen den Ankerliegern, da der Channel zugeankert ist. Ich bin versucht, als Queen hoheitsvoll von Bord zu winken, wenn auf dem Ausflugsboot beim Vorbeifahren informiert wird, das hier sei ein deutsches Schiff.

Die Fülle am Ankerplatz wird zum Problem, als Nordwind- und Südwindlage nachts genau um die Beauforter Gegend zusammen treffen. Schwere Gewitter, Böen und Tide lassen die Schiffe sich in verschiede Richtungen bewegen. Dank Tidenstrom zudem in so zügiger Bewegung, als seien die Schiffe unter Motor in Fahrt. Wir werden nachts um kurz nach halb drei wach, weil jemand „hello hello“ ruft. An Deck sehen wir unmittelbar neben unserem Backbord-Heck den Backbord-Bug des benachbarten Kats und deren Eigner, die uns rufen. Während wir und die meisten anderen rechtsherum drehten, machte dieser Kat eine Linksdrehung und so kommen wir nach jeweils 180 Grad zusammen.

Flugs bringen wir auf beiden Schiffen Fender aus und der Captain wirft den Motor an. Ab dem Zeitpunkt bis um 7 Uhr morgens bleibt er auf Wache, muss nochmals von Nachbarschiffen weg motoren, beobachtet andere Schiffe beim Zusammenprall, einen Katamaran und einen Monohull auf Grund laufen. Der Monohull wird am nächsten Morgen frei geschleppt, der Katamaran kommt aus eigener Kraft mit der Flut frei. INVIA ist zum Glück bis auf einen ultrakleinen Kratzer unversehrt. Andere haben weniger Glück. Bei einem Katamaran funktioniert die Bordelektronik nicht mehr. Offenbar Blitzeinschlag am Anker. Wir sehen den wahrscheinlich sogar, denn wir beobachten einen weißen Blitz, der plötzlich rot wird und hören gleichzeitig einen lauten Einschlag. Auf zwei weiteren Schiffen gibt es Probleme mit Windsensor und GPS/Autopilot.

Im geschmückten Ort, Front Road
Villen Front Road

Villen entlang des Creeks

Von all der Aufregung können wir uns bei Wanderungen entlang des Creeks und auf den benachbarten Inseln des Rachel Carson Naturschutzgebietes erholen. Die wilden Pferde der Inseln können wir sogar vom Ankerplatz sehen. Auch kommen jeden Tag Delfine in den Creek geschwommen und ziehen ihre Runden direkt um INVIA.

Rachel Carsons Reserve
Wanderweg Boardwalk
Wilde Pferde am Ufer, gesehen vom Dinghy

Delfine bei INVIA

Wir freuen uns, Simone und Peter von der La Boheme wieder zu sehen sowie Eileen und Brown von der Blown Away und mit Angie und Mike von der Madrone zusammen sitzen zu können. Alle drei Schiffe waren mit uns am Anker vor Grand Bahama und von dort nach Beaufort gegangen. Für uns war es definitiv eine gute Entscheidung, hier einen Zwischenstopp einzulegen, bevor es weiter raus aus der Hurrikanzone und rein in die Chesapeake Bay geht.

 

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