Im Funpark

Unser letzter Beitrag ist eine Weile her. Sowohl zeitlich als auch geographisch. Vom damaligen Standort Carriacou ging es den Antillenbogen entlang nordwärts bis Sint Maarten. Gut dass wir vorher nicht wussten, was die Route für uns bereit halten würde. Ich mag keine Vergnügungsparks, mir wird elendig schlecht in Achterbahnen. Streckenweise gabs aber genau das.

 

Januar und Februar sind meteorologisch abweichend. Der Begriff dafür ist „christmas winds“. Stärkere Winde als durchschnittlich, die beständigen östlichen Tradewinds haben sich noch nicht eingestellt und die See ist rauer. Wechselnde Winde schaffen Wellen aus unterschiedlichen Richtungen, die sich überlagern und unangenehm kabbelige Wellen bilden. Eher Ostseewelle als die sonst so angenehme lange Atlantikwelle.

Blick nach hinten, man sieht auf Fotos weniger als in Realität. Hier haben wir 4m Welle von der Seite. Die Wellen brechen sich hinter INVIA, die durchs Wasser pflügt. Hinter uns treffen sich Wellen zur Fontäne.
Blick auf beeindruckende Wellenhöhe

Wir wissen vor dem Losgehen, dass wir in eine kräftige Windphase kommen werden. Warum wir trotzdem los segeln? Weil wir in dieser Saison erst spät in die Karibik starteten und uns die Bahamas reizen. Dorthin wollten wir schon im letzten Jahr, konnten das Covidbedingt aber nicht umsetzen. Wir hoffen dass die Inseln nun weiterhin Segler einreisen lassen, nachdem die Impfungen in den benachbarten USA offenbar gut voran kommen. Zu lange warten wollen wir angesichts der Unwägbarkeiten mit der Einreise aber nicht.

So starten wir also bei prognostizierten 20-25 Knoten Wind (PredictWind EMCF-Modell). Wie meistens haben wir tatsächlich noch stärkere Winde, vor allem in den Kanälen zwischen den Inseln. Zwischen 25-30 Knoten Wind lassen uns zügig voran kommen. Komfortabel ist es nicht. Aber wir stellen wieder einmal fest, wie gut INVIA bei solchen Verhältnissen im Wasser liegt. Ein großes Lob für den Captain, der tapfer den Salzduschen standhält. Und der immer versucht, ein weiteres Reffen durch Abfallen zu vermeiden, um mir den Weg zum Mast und das Einziehen der Reffschlaufe dort vorn im Gegischte und Geschlage zu ersparen.

Der Captain ptrotzt tapfer Wind, Wellen und Sonne. Hier beim Schlag nach Sint Maarten wegen des heftigen Windes in langer Hose und angesichts der hohen Wellen und des vielen überkommenden Salzwassers mit Regenjacke. Sonst in Tshirt und kurzer Hose
Salzdusche gehabt. Fraglich was besser ist, das oder der Vogelkot von den Seevögeln, die INVIA auf der Suche nach fliegenden Fischen umkreisen. Da momentan wenig Segler unterwegs sind, umkreisen uns etliche Vögel mangels alternativer Opfer. Und hinterlassen viele Flecken an Deck und auf den Sitzen im Cockpit.
Vor der Salzdusche und bevor der Vogelkot nicht nur das Schiff, sondern auch mich trifft. Der Fuß ist noch geschwollen nach einer Prellung, Begegnung mit einer der ausgebauten Starterbatterien. 

Eigenartig ist, an all den Inseln vorbei zu segeln, die wir in den letzten 2 Jahren bereits besucht hatten – und jetzt wegen der Covidregeln keine dieser Inseln betreten zu dürfen. Besonders bleibend sind für mich die Erlebnisse auf der Boiling Lake Wanderung in Dominica mit SeaCat (https://sail-invia.com/?s=Boiling+Lake), in der Cumberland Bay und im angrenzenden Marihuana Garten von RedEye in Saint Vincent (https://sail-invia.com/?s=Red+Eye) sowie die Taxifahrt im Schulbus auf Saba und überhaupt diese grandiose Insel (https://sail-invia.com/?s=Saba).

Entlang der Küste von Saint Vincent haben wir ein beeindruckendes Erlebnis. 2 Orca Wale schwimmen an unseren Rumpf und dann unters Schiff. Sie haben wir im Atlantik noch nie so nah gesehen. Das Erlebnis wäre ein tolles, wenn wir nicht die Berichte von den spanischen Küsten aus dem letzten Jahr kennten. Dort griffen Orcas Segelyachten an und beschädigten offenbar gezielt deren Ruder. Die Erklärungen dafür sind unterschiedlich: Es seien 3 Jungtiere, die spielen wollten. Oder: Es sei eine Familie, die schlechte Erfahrungen mit schnellen Yachten gemacht hätte, nämlich sich Verletzungen zugezogen hätte, und jetzt gezielt zur Abwehr attackiere. Oder: Die Orcas empfänden angesichts zunehmend leer gefischter Meere bei der Thunfischjagd Schiffe als Konkurrenz, da Fischerboote die Thunfische weg fingen. Man sieht, es herrscht noch großes Rätselraten. Uns attackieren die Wale jedenfalls nicht, sind aber als größere Gruppe noch einige Zeit zu sehen. Kurz danach spielen Delphine um unsere Rümpfe, immer ein schönes Erlebnis.

Immer wieder schön, wenn Delphine um das Schiff spielen

Wir sind dankbar, zumindest über Nacht vor den Inseln auf unserem Weg ankern zu können. So kommen wir zum Schlafen, was andernfalls wegen des Lärms von Wind und Wellen und der heftigen Schiffsbewegungen schwierig geworden wäre. Nicht alle Stopps sind legal. Sei es, weil unsere Anfrage gar nicht erst beantwortet wurde wie von Martinique und St Kitts oder aber abgelehnt wurde wie von Guadeloupe. Zugestimmt hatten nur Bequia und St Lucia. Wir können aber völlig unbehelligt in Bequia, in der Rodney Bay St Lucia, in Martinique, in Guadeloupe und in St Kitts über Nacht ankern.

Vor Anker in Guadeloupe
Abendstimmung vor St Kitts mit Kreuzfahrtschiff. Das fährt hin und her und wartet auf bessere Zeiten. Am Kreuzfahrtterminal in Sint Maarten sehen wir 3 geparkte Kreuzfahrtschiffe

Der letzte Schlag von St Kitts nach Sint Maarten ist dann Funpark Spezialausgabe. 4m Welle – vereinzelt auch über 5m – von der Seite und 23-28 Knoten (in Böen über 30) bei Halbwind schaffen beeindruckende Verhältnisse.

Wir sind beide froh, als der Anker in der Lagune vor Sint Maarten fällt. Der Captain hat nun noch nervenaufreibende Aufgabe vor sich: Das Einklarieren. Ein großer Dank an Wiebke und Ralf von der Flora, die das derzeitige Procedere auf ihrem Blog (https://syflora.blog/2021/01/23/einklarieren-in-sint-maarten/)  und nochmals für uns beschrieben haben. Genauso haben wirs dann auch ausgeführt. Ehas Anmeldung, Covid Versicherung abgeschlossen, alles vorab per Mail an 3 Adressen gesandt. Von einer kommt eine Meldung als unzustellbar zurück, von den anderen beiden gar nichts. Beim Einklarieren erfährt der Captain, dass wir ja noch gar nichts an eben diese Mailadressen gesandt hätten und das vor dem Einklarieren bitte doch zu erledigen ist. Mich erreichen an Bord entnervte Nachrichten von Land. Zig Dokumente – alle bereits per Email eingereicht aber angeblich beim Empfänger unauffindbar – sind nochmals einzureichen. Der Captain muss sie neu von Hand ausfüllen, mit dem Handy fotografieren und teuer über das Mobilnetz versenden. Und weils so schön sein soll für ihn, hat der Empfänger nur eine begrenzte Mailboxgrösse. D.h. die einzureichenden Unterlagen müssen zunächst komprimiert werden, sonst wird alles zu groß. Und auf mehrere Mails verteilt werden darf nicht. Es vergeht einige Zeit, bis wir an Bord wieder zu zweit sind.

Bei der letzten Öffnung der Zugbrücke um 17 Uhr laufen wir offiziell einklariert in die große und derzeit volle Lagune von Sint Maarten ein. Und ankern neben 2 Outremers, unter anderem der Walli Wallou. Die Wiedersehensfreude ist groß. Am Folgetag legen wir uns wieder in die Blue Pearl Marina, in der wir im vergangenen Jahr bereits längere Zeit lagen. Wir benötigen keinen PCRtest und Quarantäne ist nicht erforderlich, da wir aus dem Low Risk Country Grenada einreisen. Schiffsarbeiten und Verproviantieren stehen auf dem Programm. Für beides ist Sint Maarten optimal. Und da wir dieses Mal bereits beim Ankommen wissen, dass die Insel mehr europäisch als karibisch ist und durch Infrastruktur statt Ambiente punktet, genießen wir das Angebot. Bars und Restaurants sind geöffnet, die Läden bestens bestückt. INVIA darf wegen der Covid Regeln zwar nicht vom holländischen Lagunenteil der Insel in den französischen Inselteil. Aber wir dürfen mit dem Mietwagen rüber fahren und in den französischen Supermärkten einkaufen. Die Inselregierungen haben angesichts vehementer Proteste den Versuch aufgegeben, die Grenze zwischen den beiden Landesteilen zu schließen. Zu eng ist auf dieser eher kleinen Insel alles vernetzt. Covid scheint jedenfalls bei den Menschen im niederländischen Teil keine große Sorge zu sein trotz einer 7-Tages- Inzidenz von derzeit um 160. In den französischen Teil sind wir noch nicht gefahren, erwarten aber Ähnliches.

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