Fast auf dem Trockenen

Wieder einmal ist das Navigieren spannend. Die Rasterkarte (Explorer Charts) zeigt für die Einfahrt zu unserem nächsten Ankerplatz an der Westküste von Little Pipe Cay zwei enge Durchfahrten, in deren Mitte ein nicht befahrbares Flach liegt. Da heißt es ganz exakt steuern.

Ein herrlicher Ankerplatz. Sehr ruhig dann, wenn gerade die Tide kippt. Ansonsten plätschert es beständig vom Tidenstrom um die INVIA. Schwimmen und schnorcheln kann man nur, wenn es die Gezeiten zulassen. Der Tidenstrom setzt hier mit bis zu 2.5 Knoten durch.

In Natura sieht die zunächst angesteuerte rechte Einfahrt bei ablaufendem Wasser noch schmaler aus als auf der Karte. Puuh, das ist dann doch zu Nerven aufreibend! Der Captain gibt alles, dreht INVIA auf kleinem Raum zwischen zwei Flachs und wir fahren statt rechts durch die linke Einfahrt vorbei an Felsen ein. Sensationell ist, was vor uns in den Blick kommt.

An Backbord ausgedehnte Flachs mit Sandbänken. Im Laufe der nächsten Stunden fällt immer mehr trocken, bis sich bei Ebbe zum Teil nur noch kleine Rinnsale durch Sandgebiete schlängeln. Zur Sundowner Zeit kommen eine Reihe von Motorbooten, um in diesem surrealen Gebiet den Sonnenuntergang zu genießen. Man muss die Gegend schon genau kennen, um nicht plötzlich mit seinem Boot auf dem Trockenen zu sitzen.

An Steuerbord ein Strand mit luxuriöser Villa und einer kleinen Kapelle. Sonnenliegen an einem Palmenstrand. Und ein Schild an diesem wie an den weiteren Stränden der Insel, wonach dies Privatgebiet ist und man bitte die Privatsphäre respektieren möchte.

Natürlich gehen wir nicht an Land. Aber neugierig sind wir doch. Google erzählt uns, dass die Little Pipe Cay von einem reichen Amerikaner mit einem Hauptgebäude und mehreren Nebengebäuden bebaut wurde. Eine wunderschöne Location für ihn und seine Gäste. Mit zahlreichen Docks rund um die Insel, großem Süßwasserpool und anderen Annehmlichkeiten. Für 65 Mio. britische Pfund sehen wir das Ganze zum Verkauf ausgeschrieben,nachdem der Eigentümer inzwischen verstorben ist. Ob die Insel einen Käufer gefunden hat, wissen wir nicht. Abends glühen Lichter am Strand, samstags schweben Hubschrauber und Wasserflugzeug heran. Etwas tut sich also.

Für einmal stimmen am Ankerplatz die Angaben von Navionics mehr als die der Rasterkarte. Das stellen wir fest, als wir nach dem Ankern mit dem Dinghy um die INVIA fahren und der Captain im Umkreis mittels Hand-Tiefenmesser das Unterwasser-Gelände eruiert. Anker auf und einen Ankerplatz etwas weiter vorn Richtung Einfahrtskanal ansteuern, lautet danach sein Urteil. Wir fahren das Gelände vor dem Ankern wie immer sorgfältig ab. Denn wegen des Tidenstroms wird sich INVIA später am Anker drehen und auch dafür müssen die Tiefen ausreichend sein. Alles sieht gut aus. Nur: Als wir ankern, ruckelt die Kette gewaltig. Das tut sie, wenn der Anker nicht Halt findet, zB nur an einem Stein hängt, statt sich in Sand einzugraben. Noch etwas Kette geben und den Anker mehr einfahren heißt hier die Lösung. Und danach muckt die Kette auch nicht mehr.

Aber der Captain kommt dennoch unzufrieden vom Anker abschnorcheln zurück. Der Anker liegt auf 5m Wassertiefe unter einer armdicken Kette. Die ist wohl am Boden der Bucht geblieben von früher vorhandenen Mooringbojen. Zwischen 1 und 2h brauchen wir, bis wir das Problem gelöst haben, auf die Uhr hat dabei keiner von uns geschaut.

Die Kette unten am Grund runter ziehen vom Anker erweist sich als unmöglich ohne Tauchausrüstung. Zu tief das Wasser, zu stark der Gezeitenstrom und zu schwer der Anker bzw. die Kette. Der captain taucht mehrmals mit Maske & Schnorchel zum Anker hinab. Er schafft es fast den 35kg schweren Ankerzu befreien – aber nur fast, denn dann geht ihm die Luft aus und er muss auftauchen.

Unter dieser schweren Kette hat sich unser Anker verfangen

Immer wieder versuchen wir INVIA zu drehen, um den Anker unter der Kette vor zu ziehen. Außer ungesund starker Belastung der Ankerwinsch, aus der immer mal wieder Kette hässlich raus gerissen wird vom Zug am Anker, tut sich lange nichts. Von einem benachbarten Monohull wird uns bereits Tauchausrüstung gebracht – ein Hoch auf die Seglergemeinschaft! – als plötzlich ein Knacken die Freiheit unseres Ankers verkündet. Endlich raus manövriert aus der Falle!

Wir ankern ein drittes Mal und gönnen uns eine sehr schöne Schnorchelrunde. Das Wasser ist abwechselnd sehr warm bis heiß, als wenn eine Warmwasserquelle einströmt und kalt bis eiskalt vom Tidenstrom.

So wunderschön, direkt auf Höhe einer kleinen (aber tief genug liegenden) Unterwasser-Sandbank kommt der Anker dann zum Liegen und gräbt sich so tief ein, dass er nicht mehr sichtbar ist.
Mit Schnorchelausrüstung auf eines der Flachs. Wir tragen immer ein gut sichtbares Shirt, in der Hoffnung, so von den vorbeirasenden Motorbooten besser gesehen zu werden. Bisher haben davor auch die Haie Reissaus genommen.
Einer der zahlreichen Rochen
Auch hier nimmt der invasive Lion-Fisch überhand

Und erkunden mit dem Dinghy die Umgebung. Unzählige Flachwasserstellen und Cays, viele in Privatbesitz. Traumhafte Wasser- und Insellandschaft, schöne Korallen. Kein Wunder, dass hier viele Inseln in Privatbesitz sind mit zum Teil eigener Marina.

Leuchtturm bei Little Pipe Cay
Einer der Stege von Little Pipe Cay
Eine der Privatinseln
Private Marina

Driving Range zum Golfen direkt am Meer. 3 Windräder und große Solarpanels sorgen für Energie
Insel Wild Tamarind, auch privat

Auch am nächsten Tag gibt es noch viel Neues bei unseren Dinghytouren, so groß ist das Areal. Einer unserer Ausflüge durch das Flachwasser führt uns sogar per Dinghy bis in die Compass Cay Marina. Hier soll es am Marinasteg zahme Haie geben, mit denen man schwimmen kann. So ganz unfroh bin ich nicht, dass wir keine sehen. Schon länger war kein Hai mehr nahe an der INVIA und das darf auch gern so bleiben.

Am Samstag kommen 2 Männer mit diesem Arbeits-Frachter, um die schweren Mooringketten zu warten, in die wir uns tags zuvor verfangen hatten. Einen Tag zu spät…. Allerdings bleiben die Ketten wohl am Boden, sie haben lediglich die auf dem Foto weiter oben festgehaltene, aus dem Boden ragende Befestigung wieder verankert. Es sollen später wieder Bojen gesetzt werden, deswegen bleiben die Ketten. Solange keine Mooringbojen den Standort der Kette markieren hilft nur gute Grundbeschau vor dem Anker werfen und ankern nur im klaren Sand.

Bildergalerie:

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