Die Zukunft

Aktuell liegen wir vor Barbuda. Je nach Wind & Wetter gehen wir östlich nach Saba oder St Eustatia – oder nordöstlich zurück nach St Barth / St. Maarten und/oder Anguilla.

Von dort wollen wir schrittweise an die US Küste. Dies und einige andere Überlegungen haben eine Reihe einschneidender Konsequenzen. Es fällt mir momentan noch sehr schwer, damit klar zu kommen. Ich bin innerlich zerissen, selbst wenn ich äusserlich ruhig und gefasst erscheine.

Barbudas Strände: Ein Traum in Türkis, Blau und gelbem Sand

Cacao Point, Barbuda

Aber zunächst mal zum Navigatorischen. Ich hoffe, dass auch alle Nicht-Segler meinen Ausführungen folgen können:

Mit Anguilla hätten wir den nördlichen Teil des Antillenbogens erreicht. Ab da geht die vorherrschende Richtung nur noch nach Westen. Da der Passatwind aus Osten weht (uns also nach Westen bläst) und der Nordäquatorial- und später die Ausläufer des Golf-Stroms ebenfalls – teils kräftig – nach Westen setzt. Optimal also für die bevorstehende Route.

Unsere geplante Route:

British Virgin Islands (BVI), US Virgin Islands – wo Mitte Februar unsere Tochter zu Besuch kommt. Wir werden wohl zwischen BVI und USVI ein wenig hin- und hersegeln, denn das Gebiet mit den unzähligen Inseln ist recht geschützt und unsere Tochter ist eher der Typus „Vor Anker liegen“ denn eine Hardcore-Seglerin. Dann zu Zweit weiter zu den sog. Großen Antillen: Puerto Rico,  Dominkanische Republik. Evtl. machen wir doch noch Kuba mit der INVIA, das müssen wir noch entscheiden. Kuba besuchen wollen wir auf jeden Fall – die Frage ist nur, ob wir uns den Heidenpapierkram und das ganze Drumherum antun wollen, wenn wir mit dem eigenen Schiff einreisen. Es gibt Marinas dort, vielleicht gehen wir dorthin und bereisen dann Kuba über Land, da es sehr kompliziert sein soll, mit dem Segelschiff die wunderschöne Küste entlang zu gehen. Allerdings haben wir widersprüchliche Informationen dazu. Es gibt auch (wenige) Segler, die berichten, die Behörden wären gar nicht so schwierig. Jamaica lassen wir wohl aus, liegt etwas zu weit südlich und soll nicht ungefährlich sein. Danach Bahamas. Und dann US Küste, Landfall vermutlich irgendwo bei Cape Canaveral.

Bis zum 1. Juni, laut unseren Versicherungsbedingungen der offizielle Beginn der Hurricane-Saison, wollen wir auf Höhe Norfolk sein, eingangs der Chesapeake Bucht. Wobei, das muss ich mal anmerken, unsere Versicherung wirklich in Ordnung ist. Kein Vergleich mit den sturen Anbietern, die wir zuvor hatten. Wir könnten auch später auf Höhe Norfolk sein – es erhöht sich dann lediglich unsere Prämie. Wenn wir tief in die Tasche greifen, wären wir sogar die gesamte Hurricane Zeit über in der Karibik oder Florida versichert. Das wollen wir zwar definitiv nicht – aber immerhin hätten wir die Möglichkeit, immerhin dürfen wir freier planen, solange wir bereit sind, die höheren Gebühren zu berappen.

Die Idee ist dann in der Chesapeake Bay sich etwas aufzuhalten. Vielleicht gehen wir später gar bis New York.

Intracoastal Waterway

Nur ist der Mast von INVIA zu hoch für den Intracoastal Waterway. Das ist eine Wasserstrasse, die über diverse Flüsse, Seen & zahlreiche Kanäle von Boston (via New York) bis runter nach Florida führt. Von dort sogar noch weiter bis Texas. Setzt aber voraus, dass der Mast nicht höher ist als 65 Fuss. Umgerechnet etwa 19,8 Meter. Um unter den Brücken durch zu kommen. Für viele Segelschiffe reicht das aus, nicht aber für einen Performance-Katamaran wie INVIA: Unser Mast ist zu hoch. Wir müssten also wieder raus auf den Atlantik und die Küste entlang nach New York segeln. Oder aber wir legen den Mast. Und führen ihn entweder mit uns (als eine Art schwimmender Panzer) – oder lassen ihn einlagern.

Ja – und was hat das mit den Konsequenzen nun auf sich?

Da ist zum einen die Seglerische:

Wenn wir bis zur Küste Floridas Wind und Strom mit uns haben, dann hätten wir die auf dem Rückweg gegen uns. Das ist zwar alles andere als unlösbar. Jährlich gehen Hunderte, wenn nicht Tausende von Segelschiffen von der US Küste den Weg zurück in die Karibik. Z.B. über die Bermudas gen Osten und dann südlich bis Antigua. Oder in den Süden nach Florida und dann Insel für Insel über die Bahamas, Turks&Caicos, Puerto Rico, Virgin Islands usw. Schritt für Schritt.

Aber es gibt da noch etwas Anderes:

Meine geliebte capitania möchte nicht mehr auf einem Segelschiff leben. Sie sehnt sich nach einem festeren Wohnsitz. Etwas überraschend, denn den Haul-Out in Trinidad fand sie gar nicht gut, weil sie überhaupt nicht vom Schiff runter wollte.

Damit kämpfe ich noch schwer. Mir gefällt die jetzige Freiheit ungemein. Dank meist schnellem Internet bin ich auch an Bord der INVIA – oder spätestens mit Laptop im Cafe – mit der Aussenwelt verbunden und kann so vieles abarbeiten. Dazu brauche ich keinen landgestützten Wohnsitz mit all seinen Einschränkungen.

Und ich habe tief im Inneren eine Sehnsucht nach dem Pazifik. Vor nunmehr 30 Jahren war ich zuletzt in der Südsee. Noch heute schwelge ich in vielen Erinnerungen an diese Zeit.

Mehr in Trance denn bei vollem Bewusstsein habe ich mit Just Catamarans in Ft. Lauderdale (USA) Kontakt aufgenommen, um einen potentiell zukünftigen Verkauf von INVIA anzukündigen. So ab etwa Herbst/Winter 2020.

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, ich gehe alleine (bzw. mit ausgesuchten Mitseglern) schrittweise nach Panama, durch den Panama Kanal, von dort auf die Galapagos Inseln und dann weiter in die Südsee zu den Marquesas. Dort bzw. in Französisch Polynesien könnte die capitania hinfliegen und wir erkunden gemeinsam einige der vielen Inseln. Während des Hochsommers auf der Südhalbkugel ist im Pazifik Taifunzeit. Dann ginge INVIA (wieder mit MItseglern) nach Australien und/oder Neuseeland. Aber will ich so eine Teilzeit-Fernbeziehung führen? Ich kämpfe mit mir, obs mir das wirklich wert ist.

Auch stellt sich die Frage: Wohin?

Definitiv ausgeschlossen ist für mich ein Wohnsitz in Deutschland. Es gibt eine Reihe von Gründen dafür. Die Mehrheit ist politischer Natur bzw. hat seine Ursache in dem radikalem gesellschaftlichem Wandel. Früher sagte ich immer: Deutschland ist ein schönes und lebenswertes Land. Aber das ist vorbei. Ich komme mit der Obrigkeitshörigkeit in Deutschland nicht mehr klar. Die fehlende Bereitschaft, selbst zu denken ist erschreckend. Auch ein demokratisches Grundelement, nämlich abweichende (in meinem Fall: liberalere, auch konservative) Meinungen zu akzeptieren, ist verloren gegangen. Hinzu kommt ein unerträgliches Steuerregime. Ein Großteil meiner derzeitigen Investmenttätigkeit würde in Deutschland einer zusätzlichen hohen Strafbesteuerung unterliegen, da ich primär mit – meist in Großbritannien oder in den USA zugelassenen – Länderfonds arbeite. Die nicht das Wohlwollen des deutschen Fiskus geniessen (Jeder Insider aus dem Finanzbereich weiss, dass der wahre Grund ein anderer ist – schließlich gibt es diese „Kontrollsteuern“ nur in Ländern der €-Zone. Aber ich will hier nicht weiter über die Hintergründe der deutschen Finanz-, Steuer- und Bankenpolitik schwadronieren). Das eine oder andere wäre mir sogar schlichtweg verboten.

Österreich ist – als €-Mitglied – leider nicht viel besser. Es gibt mit dem „NichtMeldefonds“-Gesetz eine ähnliche Regelung, mit der man die Freiheiten bereits erheblich eingeschränkt hat. Auch dort ohne dass es Otto Normalverbraucher irgendwie klar geworden ist, was genau abläuft.

In beiden Ländern wird die Schraube grade weiter  angezogen – und auch hier wieder ohne dass der Bürger wirklich mitbekommt wie ihm geschieht. Wie auch: Selbst zu denken gilt dank erfolgreicher Propaganda inzwischen als anrüchig und rechtsradikal.

Im deutschsprachigen Raum bleibt einzig unsere alte Heimat, die Schweiz. Der ich sehr dankbar bin für die 12 Jahre, die wir dort verbringen durften. Dort hätte ich auch noch die regulatorischen Freiheiten.  Auch wird ein guter Steuerzahler dort noch respektiert (und nicht wie in Deutschland angefeindet). Wenn nur das Wetter, der viel zu lange Winter, nicht wäre…. Ich mag diese Kälte in Mitteleuropa einfach nicht mehr.

Es wird eine schwierige Entscheidung werden. Aber das macht das Leben ja auch aus!

6 Antworten auf „Die Zukunft“

  1. I am sorry for your situation. It is a difficult decision for you. Perhaps wait before selling your new boat until you decide where to live? I hear Sweden is very nice for living- and for sailing. Since you both speak English well, you could go almost anywhere.

    1. Will take a number of options into consideration. The world is big and round, and luckily we are so privileged to be able to choose! Not many people have saved enough to allow themselves this freedom.

  2. Es gibt für Alles und Jedes eine Lösung. Manchmal zeigt sie sich schneller, ab und an dauerts halt ein Weilchen länger. Ich bin überzeugt, ihr Beiden findet genau DIE für Euch Passende und Richtige. Wir sind gespannt auf weitere News von und mit Euch.

  3. Seglerisch kommen interessante Gebiete auf euch zu. Und egal, wie ihr eure Route plant: der Weg ist das Ziel!
    Die Entscheidung über eure Segelzukunft ist sicher nicht einfach. Es wird Kompromisse von beiden Partnern brauchen. Einfach alles aufgeben wird wohl nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Es würde immer irgendwo im Hinterkopf herumschwirren, dass da noch etwas sein könnte.
    Kommt doch einfach nach Kuba (auch auf unserem Törnplan) und wir machen eine persönliche Beratung 🙂 🙂

  4. Unsere grobe Planung: bis Mitte März DR, bis Mitte April Jamaica, 2 Wochen Cayman Islands, Mai/Juni Kuba. Danach südwärts aus der Hurrikan-Zone nach Kolumbien. Lieber Gruss, Pia und Köbi von der Lupina

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.