Auf in die Bahamas

Das Health Visum

Für die Einreise in die Bahamas muss man sich per Internet ein Health Visum, also ein Gesundheitsvisum, besorgen. Vor der Einreise. Dazu sind auf einer speziellen Internet – Seite diverse Angaben zu machen. Ein Scann des Reisepasses ist hochzuladen. Und das Ergebnis des PCR Tests eines anerkannten Labors, wobei das Testdatum bei Einreise nicht länger als 5 Tage zurück liegen darf. Zum Vergleich: Viele Karibik-Inseln erlauben max 72h. 5 Tage sind für uns realistisch, denn ich rechne bei den derzeitigen Windverhältnissen mit etwa 42 – 48h Reisedauer. Zwar ist das Labor in Puerto Rico etwas langsam, will erst nach 48h die Ergebnisse haben.

Wir konnten die Mitarbeiter aber von der Notwendigkeit einer schnelleren Bearbeitung überzeugen – und das hat auch geklappt. Tatsächlich haben wir nach etwa 32h, am Abend des Folgetages, unser Ergebnis (Negativ, wie erwartet & erhofft).

Schnell also noch ans Beantragen des Bahamas Health Visum. Das aber hakt und hakt. Ich versuche es auf dem Bord-PC, unserem Navigations-Computer mit Windows 7. Auf dem Laptop mit Windows 10. Auf dem Handy. Die Website hat offenbar ein technisches Problem, ich kann einfach nicht den „Submit“ Button drücken.

Weil jeder für sich das Health Visum beantragen muss, heisst es auch für die capitania einen Account anzulegen. Das geht zunächst schon mal gar nicht. Die Website lässt die Erstellung eines weiteren Accounts nicht zu und behauptet, es gäbe schon einen anderen – nämlich meinen. Interessant, denn die capitania benutzte ihren eigenen Laptop dazu (den ich zuvor gar nicht in den Fingern hatte). Auch das Löschen aller Browserdaten wie Cookies usw. brachte keinen Erfolg.  Also muss es an der IP Adresse liegen: Wir hatten beide die Website über das WLAN der Marina Pescadero aufgerufen. Also flugs nochmal etwas Geld ausgeben und mit unserem Handy und der Google Fi SIM-Karte einen Hotspot kreiert. Das funktioniert dann – aber auch die capitania scheiterte, als es darum ging, alle Daten abzusenden.

Wir probieren es stundenlang weiter. Irgendwann dann hat es bei uns beiden geklappt. Weil ich von diesem Problem kurz auf Facebook berichte, kontaktiert mich Dominique vom Schweizer Schiff PRANA CAT und schildert mir, wie bei ihm der Ablauf war. Nützt nur alles nichts – bei uns erscheint keinerlei Aufforderung zur Zahlung der 70 USD Gebühr pro Nase wie Dominique berichtete. Bei der capitania ist der Status weiter „pending“, bei mir je nachdem wann ich die Website aufrufe entweder ebenfalls „pending“ oder es erscheint gar „There is a problem with your ID verification“ (also mit meinem Pass).

Mit dem Status „pending“ dürften wir rein formal gar nicht abreisen. Nur: Wenn wir noch länger warten, läuft die Gültigkeitsdauer unseres PCR Tests ab. Also gehen wir am nächsten Morgen – über Nacht hat sich nichts Neues ergeben – einfach aufs Geradewohl los. Gegen Abend erreichen wir die Küste der Dominikanischen Republik, wo wir wieder Handy-Empfang haben. Nochmals ein paar Mobilfunkgebühren dazu, die vom Konto abgehen, und mittels unserer Google Fi surfen wir fleißig auf der Bahamas Health Seite. Keine Änderung: Pending. Ich rufe erneut bei der Hotline an und erfahre, dass ich Nummer 19 in der Warteschlange bin. Nach 10 Minuten lege ich auf. Wird schon gut gehen. Tut es auch: Als Great Inagua (Bahamas) in Sicht kommt und wir wieder Empfang haben, hat sich unser Status geändert. Alles OK, wir sollen jeder die Gebühr online bezahlen, dann wird uns das Health Visum erteilt. Während die Küste näher rückt, machen wir das, hantieren fieberhaft mit unseren Kreditkarten auf der Bezahl-Seite. Und tatsächlich: Noch bevor der Anker fällt, haben wir auch unser Health Visum per Email erhalten.

Unsere Route von Puerto Rico in die Bahamas
Während der Überfahrt haben wir viel Zeit, um so besser wird das Brot.

Segelriss

Vorhergesagt sind leichte Winde von achtern mit rund 15 – 20kn. Optimal also für eine schnelle Fahrt unter Code D, unserem asymetrischen Spi oder Blister. Der ist am Achterliek schon recht mitgenommen, und der Stoff hat im hinteren Drittel Spannung verloren. Es passiert, was irgendwann passieren musste: Kaum haben wir nach der Ausfahrt aus Porto Real das Segel ausgerollt, reißt es. Wir holen die Reste ein, werden es in den Bahamas entsorgen. Der dünne Stoff hat großflächig schon zu sehr gelitten, eine Reparatur erscheint mir nicht zielführend. Wir holen unser Code 0 heraus. Das ist ein schwereres Segel aus Kevlar-Laminat und eigentlich für Amwindkurse gedacht. Wir schoten (d.h. wir führen die Leinen) wie beim Code D. Das Segel steht so natürlich nicht optimal, es ist anders geschnitten und auch kürzer. Ich bastle mir eine Art Barberholer, um das Code 0 für den Vorwindkurs etwas besser zu trimmen. Auch das geht natürlich nicht optimal – aber wir sind doch schneller als mit der normalen kleinen Arbeitsfock.

Spätestens ab der Mona-Passage wäre eigentlich unser Starkwind-Spinnaker oder gar unser Leichtwind-Wingaker das perfekte Segel! Dann könnten wir den Kurs direkt anlegen und hätten die Welle schön von hinten. Doch wir haben diese Segel seit einem kurzen Test auf der Atlantiküberquerung nie eingesetzt. Eine Schande, dass diese 2 teuren und tollen Segel in der Segellast ungenutzt herumliegen! Aber es ist bereits später Nachmittag und ich habe nicht den Mut, jetzt dieses Segel zu setzen und damit durch die Nacht zu gehen. Uns fehlt jegliche praktische Erfahrung, wie man das Segel im Notfall (z.B. bei einem Squall oder gar Gewitter) schnell birgt. Klar, die Theorie ist einfach mit dem Bergeschlauch usw. – aber wir haben es viel zu wenig geübt. Also gehe ich, wenn ich Wache habe, im Butterfly (Großsegel auf der einen, Fock auf der anderen Seite. Erfordert natürlich, dass das Code 0 eingeholt ist). Geht die capitania Wache, fahren wir mit etwa 150 Grad Windwinkel, denn das Butterfly Segeln erfordert doch etliches an Aufmerksamkeit. Und halsen hin und her. Dadurch sieht unsere Kurslinie etwas gezackt aus.

Ich muss da noch an mir arbeiten, wir müssen einfach mal etwas mit unseren Spis üben – wozu haben wir die schliesslich?

US Coast Guard

Die US Küstenwache gabelt uns in der Mona-Passage auf und wir haben auf Kanal 12 regen Funkverkehr. Sie will diverse Daten zum Schiff wissen und über uns. Immer wieder kommen Rückfragen. Nach der Zulassung unseres Schiffes, der MMSI (obwohl wir diese auf dem AIS ja ausstrahlen aber angeblich ist das AIS des Küstenwachenschiffs defekt), unserer Route, unseren Passdaten, Namen, Geburtsdaten usw. Am Ende kommt aber ein freundliches “Danke & gute Reise“.

Strömung

Sobald wir das Ende der Mona-Passage erreicht haben und die Dominikanische Republik an Backbord liegt, hilft uns eine kräftige Westströmung. Die wollen wir natürlich nutzen. Wo genau aber die Strömung am stärksten wirkt, ist gar nicht so leicht herauszufinden. Wie bei den Windvorhersagen auch gibt es verschiedene Berechnungsmodelle. Und die unterscheiden sich zum Teil nicht unerheblich. Welches Modell nun grade der Realität am nächsten ist? Schwierig. Bei den Windvorhersagen halte ich mich gerne an das PWG Modell von Predict Wind, in Küstennähe eher an das PWE Modell. Es sei denn das ECMWF Modell sagt etwas gänzlich anderes vorher. Dann sehe ich mir auch noch das GFS Modell an. Und der Rest ist dann raten. Schlauer bin ich in den letzten 3 Jahren jedenfalls noch nicht geworden, wann man welches Modell am besten einsetzt. Soweit zu den Windmodellen – bei den Strömungsmodellen fehlt mir jegliche Erfahrung. Weil ich darauf nicht so häufig geachtet hatte.

Strömung gemäss dem Modell RTOFS
Strömung gemäss dem Modell MERCATOR
Strömung gemäss dem Modell HYCOM

Angekommen in Great Inagua

Als wir uns Great Inagua nähern, kommt die Bahamas Coast Guard auf uns zu. Offenbar ist sie aber grade auf einer kleinen Spritztour, und INVIA kreuzt zufällig ihren Weg. Eine kurze Frage woher wir kommen und dann der Hinweis, dass wir in Great Inagua einklarieren sollen – das wars.

Vor Matthew Town fällt der Anker, und mit dem Dinghy geht´s an Land. Dabei treffen wir auf Ralph vom Schweizer Kat Lille Venn, der grade einklariert hat und vom freundlichen Immigration Officer zurück gefahren wurde.

Seit kurzem kann man das erforderliche cruising permit selbst per Internet beantragen. Das wussten wir nicht, also dürfen wir uns an den PC des Immigration Officers setzen und es von dort aus beantragen. Und auch online bezahlen – 300 Bahamas Dollar (1 Bahama $ = 1 US$).

Die Immigration-Gebühr

Zusätzlich will er 50 US$ Immigration Fee. Wir sind uns absolut sicher, dass diese Gebühr in die eigene Tasche geht – denn hier ist plötzlich keine Kreditkartenzahlung mehr möglich, nur noch Cash. Auch wenn er uns eine schöne gestempelte Quittung dafür übergibt – es gibt ja keinen Quittungsblock oder etwas Ähnliches, um eine doppelte Buchführung zu ermöglichen. Die „Quittung“ druckt er selbst aus und versieht sie mit seinem Stempel. In westlichen Ländern ein klarer Fall von Amtsvergehen, denn wenn dort ein Beamter das Siegel so missbraucht, setzt es drakonische Strafen. Aber hier sieht man das wohl nicht so eng. Am Ende bezahlen wir, was sollen wir auch anderes machen? Wir sitzen am kürzeren Hebel, denn er hat unsere Pässe. Sagen dem Officer dazu allerdings, wir könnten keine Grundlage für die Zahlung erkennen, schätzten aber seine freundliche Hilfe und würden daher zahlen. Später, als wir im Dunkeln vom Restaurantbesuch zum Dinghy zurück laufen, stoppt er mit seinem Auto neben uns. Und bittet die drei jungen Segler der Double Twenty, die mit uns unterwegs sind und auch 50 Dollar berappt hatten, weiter zu gehen, denn er wolle nur mit uns sprechen. Bei ihnen hatte er offenbar den Eindruck, gar nicht erst mit Quittung hantieren zu müssen, denn sie bekamen keinen Beleg. Wir hingegen sollen doch bitte am nächsten Tag mit unserer Quittung erneut zu ihm kommen. Ihm sei ein Fehler unterlaufen – es seien nur 40 statt 50 $ zu zahlen. Dabei wirkt er sichtlich aufgeregt, stottert gar, was weder am Morgen davor nach am nächsten Tag der Fall war. Tatsächlich bekommen wir tags drauf 10 $ retour und im Austausch eine neue „Quittung“ über 40. Auch die anderen Segler, die an dem Tag einklarieren, müssen „nur“ 40 Dollar bezahlen, während am Tag zuvor alle wie wir 50 Dollar los wurden. Natürlich hinterfragen wir alles. Auch andere tun das, während einige sich von der hochoffiziell wirkenden Quittung täuschen lassen. Die Begründungen, warum die Gebühr fällig ist, obwohl im Internet auf der Regierungsseite klar steht, dass mit dem Cruising permit alle Gebühren abgegolten sind,  werden im Laufe des Gesprächs mit dem Officer immer abenteuerlicher. Die neue Regelung sei wieder geändert worden zurück in die vorherige, aber man habe die Regelung im Internet noch nicht zurück geändert. Die Regelung für die großen Inseln gelte hier nicht, denn dies sei ein „family island“ und man habe kein funktionstüchtiges government car. Angesichts der doch immer offensichtlicher werdenden schlechten Absicht des sonst sehr freundlichen Officers hinterlassen wir auf der Internetseite der Aufsichtsbehörde eine Beschwerde mit kurzer Schilderung – mehr können wir nicht tun. Nachdem die Aufsichtsbehörde auf ihrer Homepage gar einen eigenen Button für „complaints“ hat, befinden wir uns wahrscheinlich in guter Gesellschaft und versprechen uns nicht viel von der Beschwerde.

Erster Erkundungsgang Great Inagua, im Hintergrund der Ankerplatz vor Matthew Town

Bars & Restaurants

Matthew Town ist keine Stadt, sondern ein kleines Dorf. Je nachdem, wen man fragt, wohnen auf der ganzen Insel zwischen 200 und 913 Personen. Die Bewohner begegnen uns sehr freundlich. Wir fühlen uns wirklich willkommen. Jeder kennt jeden – und weil das so ist, gibt’s auch nirgendwo ein Schild mit der Aufschrift „Restaurant“. Wir unterhalten uns mit der Crew der Double Twenty, einem kleinen Monohull mit deutscher Flagge. Die Crew, das sind 3 Jungs im Alter von 20 Jahren, die nach dem Abi für 1 Jahr die Karibik besegelt haben und demnächst wieder zurück nach Deutschland segeln wollen.

Von ihr erfahren wir vom Lighthouse Restaurant. Es ist das letzte Haus auf der rechten Seite, wenn man zum Leuchtturm läuft. Das muss man wissen, denn von außen sieht es aus wie ein Wohnhaus. Nur dass etwas mehr Autos davor parken, ist ungewöhnlich. Das Haus hat zwar eine große Terrasse, die wird aber nicht als Essbereich genutzt. Tatsächlich ist der Speisesaal drinnen. Sehr lecker, recht günstig, und an diesem Samstag proppevoll! Einheimische Gäste besetzen zwei lange Tische.

Der Leuchtturm

Vor dem Essen holen wir uns Appetit mit einer Besteigung des ausrangierten Leuchtturms. Ein toller Rundumblick und Sonnenuntergang belohnen das Aufsteigen im engen Treppenhaus. Von oben sieht man einen künstlichen Kanal, der Meerwasser ins Landesinnere bringt, wo es der Salzgewinnung dient. Morton Salt ist der größte Arbeitgeber auf der Insel und auf Schildern allgegenwärtig.

Panoramabild vom Leuchtturm

Der Flughafen

Beispielsweise begrüßt ein Schild von Morton Salt am kleinen Flughafen der Insel und mahnt, Glas dürfe nicht auf das Firmengelände gebracht werden. Klar, Glassplitter im Speisesalz wären ja auch fatal.

Der „Wartesaal“ in der „Abflughalle“ des internationalen Flughafens von Great Inagua
Die Gepäckausgabe
Der Wartebereich vor dem Check In

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