Salzpfeifen, Inselbauer, Boatboys & gefälschtes Trinkwasser

Zeit, mal wieder zu bloggen. Wir haben uns von der entspannten Haltung um uns rum anstecken lassen und das Schreiben zu Gunsten von „enjoy yourself“ zurück gestellt. Dabei gibt es durchaus Berichtenswertes aus der Zeit, seit wir Canoun verlassen hatten.

Nur muß ich erst noch auf andere Gedanken kommen. Grade ist nämlich einer dieser Boatboys, die an einem neuen Ankerplatz erstmal zu Hauf die Neuankömmlinge umschwirren, mit dem Bug seines Holzboots in die INVIA gedonnert. Er hat einen kräftigen Eindruck hinterlassen: Man sieht bis aufs Glasfaserlaminat durch. So ein Sch… !!

Salt Whistle Bay Mayreau
Chatham Bay Union Island

Es ist bereits Samstag der 23.3. und wir liegen seit ein paar Stunden in der Chatham Bay auf Union Island. Ich bin genervt ob des Schadens. Aber erstmal zurück im Kalender und der Reihe nach:

Von Canoun zur Salt Whistle Bay

Von Canoun aus ging es zur nur 6 Seemeilen entfernten Salt Whistle Bay auf der Insel Mayreau. Türkises Wasser vor einem Sandstrand, hinter einer schmalen Landbrücke bereits wieder Meer und Ausblicke auf die Tobago Cays mit weiteren türkisen Buchten – kein Wunder, dass die Salt Whistle Bay als eine der schönsten der Karibik gilt.

Blick auf die Salt Whistle Bay
Salt Whistle Bay
Salt Whistle Bay

Voll ist sie, die Salt Whistle Bay. Übervoll. Ich mag wegen des Schwojekreises nicht ankern sondern nehme mir eine Boje für 60 EC$/Nacht. In der Erwartung, der Betreiber würde seine Bojen auch schützen und dafür sorgen, dass niemand direkt neben der Boje seinen Anker wirft. Weit gefehlt: Je später der Nachmittag umso mehr Segler trudeln ein und legen sich auch mitten ins Bojenfeld. Knapp, knapper geht’s kaum.

Saltwhistle Bay, Skipper betrachtet skeptisch die (auf dem Bild nicht sichtbaren) Nachbarankerlieger 2 Meter zur Linken

Aber es geht gut, der Wind bläst konstant und dreht kaum.

Schade ist, dass es keinen funktionierenden Dinghy-Steg mehr gibt. So muss man, will man trockenen Fußes anlanden, das Dinghy den Strand hoch ziehen. Mitsamt unserem (viel zu schweren weil 4-Takt) Aussenborder. Und dort natürlich irgendwie gegen Diebstahl sichern, denn wir wollen uns ein wenig die Insel erwandern. Die capitania biegt eine Palme zurecht, und ich lege unser Stahlseil darum, gesichert mit dem Vorhängeschloss. Passt!

Dinghy girl
Hat sie wirklich die Palme verbogen?

Was ich leider nicht richtig kalkuliert hatte:
Die Höhe der Gezeiten und den zunehmenden Schwell ans Ufer. Ich dachte, wir hätten das Dinghy weit genug oben – aber ich irrte mich. Bei unserer Rückkehr finden wir es voller Wasser. Und – schlimmer noch – voller Sand. Sand, den die von hinten ins Dinghy einsteigenden kleinen Wellen unermüdlich hineinschaufelten. Die capitania schaufelt anschließend lange mit verschiedenen Werkzeugen samt Esslöffel Sand ins Meer zurück. Aber immer noch befindet sich im doppelten Boden unseres Dinghies genug Erinnerungssand. Der nur nach und nach weiter nach hinten rutscht, wo wir ihn auslöffeln können.

Wanderung um Mayreau & Ausblick auf die Grenadinen:

Von der Salt Whistle Bay aus führt ein schmaler Pfad entlang der Küste von Mayreau, immer mit Blick auf die Tobago Cays oder die Grenadinen.

Mayreau ist bereits viel trockener als die nördlicheren Inseln
Wanderung um Mayreau
Wanderung um Mayreau mit Blick auf die Grenadinen

Und eine Straße geht hinauf in den kleinen Ort oberhalb der Bucht. Leider ist der Straßenrand völlig vermüllt. In der Bucht gibt es keine Möglichkeit zur Abfallentsorgung. Das Ergebnis sieht man weiter oberhalb der Bucht.

Strassenszene
Katholische Kirche in Mayreau mit Hinweisschild auf den tollen Ausblick Richtung Tobago Cays hinter der Kirche
Katholische Kirche in Mayreau

Abends essen gehen in der SaltWhistle Bay ist eher schwierig. Zwar buhlen diverse Boatboys & Co um Reservierungen – aber als wir an Land die sehr spartanischen (will heissen: gar nicht vorhandenen) Küchen sehen, lassen wir es bei aller Experimentierfreude doch lieber. Gegrillte Speisen wären bestimmt lecker. Dass keinerlei Wasser vorhanden ist, um Geschirr abzuwaschen – akzeptabel. Denn das kann man gut auch mit Salzwasser. Wenn dann aber nichtmal ein sauberer Tisch für die Vorbereitung von Salat und Beilagen vorhanden ist, muss ich das dann doch nicht (mehr) haben.

Das (nach dem Hotel) wohl grösste Restaurant in der Salt Whistle Bay: Sieht nett aus. Nur: Die Mini-„Küche“ wirkt alles andere als sauber
Die Cocktails in dieser Bar sind aber genial!
Bar & Restaurantmeile Salt Whistle Bay

So darf der captain mal seit längerem wieder capitania Küche geniessen. Sehr lecker! Und am anderen Abend gehen wir ins Strandrestaurant des kleinen aber feinen Hotels in der Salt Whistle Bay. Das gibts nämlich auch und das hat erheblich mehr Infrastruktur zu bieten.

Soll aber nun keinesfalls heissen, auf Mayreau gäbs nichts zu essen! Die Saline Bucht auf der anderen Seite der Insel z.B. ist näher am Ort. Und im Ort finden sich zahlreiche Bars & Restaurants, wie z.B. dieses hier:

Restaurant oberhalb Saline Bay
Restaurant oberhalb Saline Bay
Saline Bay

Allerdings wirkt vieles schmuddelig und die Straßenränder sind vermüllt. Offenbar schafft man es auf dieser kleinen Insel nicht, den Abfall geordnet zu beseitigen. Und offenbar haben die Bewohner selbst damit – noch – kein Problem.

Restaurant in Mayreau
In den Wind gesprochen: Gedanken zur Verbesserung

Es wäre ein Leichtes, mit der schönen Salt Whistle Bucht mehr Umsatz an Land zu ziehen, ohne ihr Flair zu zerstören. Mein Vorschlag:

  • Die jetzt ausgelegten Mooring-Bojen näher zusammen ziehen und weiter an den Strand verlegen. Der jetzige Abstand der Bojen vom Strand und untereinander ist zu groß. Verlegte man die Bojen, bliebe dahinter mehr Platz für Ankerlieger und die Ankerlieger müssten sich nicht zwischen 2 Bojen quetschen, was bei Winddrehungen unweigerlich Kollisionen hervorruft.
  • Entsorgt den Müll (auch den, welche Segler in gutem Glauben einem Local anvertrauen) nicht am Strassenrand.
  • Schliesst Euch zusammen, baut für ALLE den verfallenen Dinghy-Steg wieder auf und veranstaltet doch ein gemeinsames Strand-BBQ!

Aber genau an letzterem, dem sich zusammen schliessen, scheitert es wohl. Weil jeder nur an Sich denkt. Außerdem ist Planung und vor allem das Einhalten eines Plans nicht gerade Stärke der Locals. Entspricht meinen langjährigen Erfahrungen in den meisten Entwicklungsländern. Und hören wir immer wieder von denen, die ein Geschäft erfolgreich aufgezogen haben. Einerseits macht gerade die Leichtigkeit so sympathisch. Andererseits würden schon kleine Änderungen allen helfen, ihre Lebensverhältnisse etwas zu verbessern.

Dominica ist für mich ein Paradebeispiel, wie es besser geht.

In Portsmouth auf Dominica gibt es PAYS, eine Organisation, in der sich die diversen unabhängigen Unternehmer zusammen geschlossen haben. PAYS hat ein kleines Gebäude und einen Dinghy Steg errichtet. Und veranstaltet 2x wöchentlich ein Segler-BBQ mit LiveMusik u.v.m. Viele Segler nutzen das gerne und zahlen den nicht zu kleinen Obulus – alle profitieren. Und jeder einzelne hat Gelegenheit, seine eigenen Dienstleistungen (Wäscherei, Bootsausflug in den Indian River, Inselrundfahrten etc.) in Konkurrenz mit den anderen PAYS Mitgliedern anzubieten. Auch in Roseau funktioniert das Zusammenarbeiten über Sea Cats und Marcus.  In der Salt Whistle Bay hingegen meiden fast alle Segler das Essensangebot der kleinen Bars, bleiben an Bord und kommen allenfalls für einen Drink.

Vorsicht beim Kauf von Trinkwasser!

Apropos Restaurant/Bar:
Wir versuchen, wo es passt, auch die kleineren Unternehmer zu unterstützen. Sofern meine gewiss nicht hohen Hygieneanforderungen erfüllt sind, auch mal mit einem hausgemachten Abendessen; ansonsten mit einem Getränk. Wir hatten gute Erfahrungen,  z.B. in Clifton auf Union Island in dem kleinen Restaurant Chanteclair in der Straße links hinter dem Anchorage Hotel. Dort wurde von einem einheimischen Paar mega-lecker aufgetischt. Beide versuchen, ihr adrettes Restaurant zu etablieren. Kein einfaches Geschäft in der 2. Reihe hinter den Frontlokalen. Allerdings war er auch jahrelang auf einem Kreuzfahrtschiff als Barkeeper mitgefahren und hatte Erfahrungen im Touristengeschäft sammeln können. Und beide sind offensichtlich engagierter als diejenigen, die lieber in der Nachbarschaft an der Bar hängen.

Wir hatten aber auch zwiespältige Erlebnisse in kleinen Lokalen, insbesondere wenn wir „bottled water“, also Trinkwasser aus der Flasche, orderten. U.a. auf St Vincent und auf Union Island entsprach der Inhalt mehrmals nicht dem, was die Verpackung versprach. Im besten Fall befand sich in der Flasche der Marke „Mountain Top“ (so heisst die Marke des in St Vincent abgefüllten Mineralwassers) stark gechlortes Leitungswasser. Das schmeckt zwar scheusslich, ist gesundheitlich aber unbedenklich und gut gekühlt trinkbar. Wir hatten aber auch schon andere „Qualität“ serviert bekommen, gerne auch in Flaschen, das Mineralwasser aus Trindidad enthalten sollte.

Manche Betreiber der ärmlicheren Bars besorgen sich aus dem Müll leere PET-Flaschen, um diese neu auffüllen. Diese werden dann mit einem neuen Schraubverschluss versehen – und an Touris  verkauft (Einheimische kaufen das nicht).

Man kann solche Schraubverschlüsse preiswert erwerben. Auch solche, die einen Sicherungsring enthalten, der sich zusammen mit dem Deckel aufschrauben lässt. Auf den 1. Blick suggeriert der erst beim Aufdrehen geöffnete Sicherungsring einen Originalverschluss. Ist er aber nicht: Man merkt es spätestens beim Testen des Inhalts. Besser schon vorher, denn die meisten Originalverschlüsse haben eine andere Farbe und zusätzlich einen Datumsaufdruck oberhalb des Sicherungsrings. Im Zweifelsfall also lieber Cola oder Bier etc. ordern! In den eher gut besuchten Bars & Restaurants ist mir das aber nie passiert.

Union Island

Auf dem Weg von Mayreau nach Union Island sehen wir schon aus der Ferne Hundertschaften von Masten in den Tobago Cays. Alles Segler, die dort ankern. Wir beschliessen deshalb, auf diese geballte Ladung erstmal zu verzichten und gehen direkt nach Union Island. Von Union Island abgehend mache ich später 2 Tauchgänge am Horseshoe-Riff in den Tobago Cays. Das Tauchen war genial, ansonsten bestätigt der Ausflug meinen Eindruck: Faszinierend türkises Wasser. Aber proppevoll.

Clifton Harbour verspricht, nett zu sein. Und die capitania will wieder etwas Infrastruktur & Leben um sich rum. So gehen wir zunächst an eine Boje dicht vor dem Anchorage Hotel in Clifton, mitten im Yachtieleben vor Ort, bevor wir später weiter draußen hinter dem Riff ruhiger ankern.

Clifton Harbour:
Clifton, Ausblick vom Fort
Panoramablick vom alten Fort bei Clifton Harbour (Anklicken zum Vergrößern)

Auf dem Weg zur Einfahrt in das ringsherum von Riffen umgebene Clifton Harbour nehmen wir zunächst Kurs auf Happy Island. Ein findiger lokaler Unternehmer hat die Insel – angeblich größtenteils aus Schalen der Conch-Muscheln – aufs flache Riff gebaut. Und eine Bar obendrauf. Schon aus der Ferne sieht diese Insel einladend aus!

Happy Island im Dunst
INVIA (rechte Bildhälfte ganz unten) ankert im Clifton Harbour. Happy Island am linken Rand.
Anfahrt mit dem Dinghy auf Happy Island. Achtung, Aussenborder hochklappen auf Flachwasserposition! Bei Ebbe bleiben nur wenige cm Wasser.
capitania mit Pinacolada auf Happy Island

Zum Sonnenuntergang zeigt der ortsansässige Profi-Kitesurfer ein wenig von seinem Können. Absolut faszinierend! Und unser INVIA Dinghy ist meistens mitten im Bild…..

Hier 2 Videos Tipp: Das Abspielsymbol (= das kleine Dreieck unten links)  anklicken um das Video zu starten, ggf. auf Vollbildschirm klicken um es in HD Qualität zu sehen.

Der Kiter schnappt sich ein kühles Bier

Clifton selbst ist ein nettes, lebendiges Örtchen. Entspannt geht es hier zu. Der kleine nationale Flughafen liegt direkt hinter dem Anchorage-Hotel und an der Ankerbucht. Die Flieger kommen dicht über dem Hotel runter. Stören tut der Flugverkehr nicht wirklich, denn es herrscht nicht viel Betrieb.

Anflug auf Clifton
Flughafen Union Islands
Ein Mini-Flughafen und eine Bar mit großem Namen
Ein Mini-Flughafen und eine Bar mit großem Namen
Wir sind alle Brüder und Schwestern, auch auf dem WC

Zahlreiche Europäer haben sich in Clifton niedergelassen, darunter etliche Franzosen. Zwei Dinghy-Docs – vor dem Anchorage-Hotel und vor dem Bougainville-Hotel- machen das Anlanden leicht. Unser Restaurant-Favorit ist das Barracuda, das von einem im Rentenalter ausgewanderten Italienerpaar betrieben wird. Unweit des Dinghy-Docks serviert man dort erstklassige Pastawaren und die beste Pizza seit Italien. Richtig dünner Pizzaboden: So wie es sein soll.

Und sehr gut finden wir auch das oben beschriebene kleine familienbetriebene Restaurant in der BackStreet hinter der Flughafenpiste:

Visitenkarte Chanteclair

Im Chanteclair muss man vorbestellen, denn es hat leider nicht täglich ausreichend Gäste. Wir entdeckten das kleine Restaurant auf unserem Weg zum oberhalb gelegenen Fort. Da alles so adrett aussah und wir beim Vorbeigehen nett mit dem Inhaber ins Gespräch kamen, bestellten wir bereits am Vormittag Fisch fürs Abendessen, meine Gemüsepflanze (die capitania) noch eine Extra Ration Vegetables. Alles war knackfrisch, die Qualität und Zubereitung waren allererste Klasse! Und zur Extraportion Gemüse gabs noch das Rezept samt gestenreicher Beschreibung der Zubereitung : Weißkohl und Karotten mit wenig Öl bei kleiner Hitze andünsten, getrocknete Petersilie überstreuen, wenig Kokosmilch angießen, bei kleiner Hitze garen – lecker!

Obst und Gemüse gibt es am Marktplatz von Clifton und auch im weiter hinten im Ort gelegenen Gemüsemarkt. Letzterer hat die günstigeren Preise, denn er hat mit üblem Saragassumgestank (Link) zu kämpfen.

Marktplatz Clifton
Obst-und Gemüsemarkt Clifton

Obst und Gemüse stammen überwiegend aus St Vincent. Union Island selbst hat zu wenig Wasser für den Anbau. Wasserknappheit ist nach drei trockenen Jahren ein großes Problem auf der Insel. Auf einer Taxirundtour weist uns der Fahrer jeweils explizit auf die Stellen hin, an denen Regenwasser gesammelt und an die Bewohner abgegeben wird. Brunnen zum Wasserholen gab es früher mehr, heute sind sie entweder trocken oder versalzen. Eine Meerwasserentsalzungsanlage hat z.B. das Anchorage Hotel. Aber auch dort reicht das Wasser nur für das Essentielle. Die Wäsche z.B. wird zum Waschen nach St Vincent(!)  gebracht. Und der Wäscheservice für Yachties existiert derzeit wegen Wassermangels nicht.

Was ich nicht verstehe:

Es weht ein beständiger Passatwind, kaum Böen. 24h rund um die Uhr an 7 Tagen in der Woche. Wieso zum Henker baut man nicht ein paar Windräder zur Stromerzeugung, und/oder betreibt damit eine Meerwasserentsalzungsanlage? Immerhin hat man ein Solarzellenfeld aufgebaut. Direkt neben den Dieselgeneratoren des örtlichen Stromerzeugers. Nur scheint die Sonne nicht immer, der Passatwind hingegen bläst (fast) immer.

Solarzellenfeld in Clifton
Sparrows:

An meinem Geburtstag machen wir eine kurze Fahrt an den Strand von Sparrows (der Restaurantbesitzer betreibt einen Gratis-ShuttleService). Ich liess es mir gut gehen, genoss die Hausspezialität geräucherter Marlin (sehr lecker!), gönnte mir eine professionelle Massage und versuchte es sogar mal mit einem StandUpPaddle:

Sparrows
Bei Sparrows probieren wir zum 1. Mal ein SUP
Die capitania beherrscht es schnell – der captain gibt genervt nach 5 Minuten auf. Gleichgewichtsübungen und Balanceakte sind nicht sein Ding.
Ashton & Ashton Harbour:

Einen Nachmittag verlegen wir uns von Clifton in die Ashton Lagoon im Süden von Union Island. Die Lagune mit dem vorgelagerten Frigate Island ist schon seit 1986 Naturschutzgebiet. Ungeachtet örtlicher Proteste erhielt 1993 ein Investor die Genehmigung zum Bau einer Marina mit 300 Plätzen samt Eigentumswohnungen. Frigate Island wurde über einen Damm mit Union Island verbunden. Die Arbeiten mussten wegen Bankrotts bereits nach einem Jahr eingestellt werden. Zurück blieb eine abgeschlossenen Lagune, deren Ökosystem mangels Frischwasserzufuhr umzukippen drohte. Die örtliche NGO SusGren ließ mit Spenden den Damm durchbrechen, um das Ökosystem zu retten (siehe www.susgren.org). Heute führen Hängebrücken über die Dammdurchbrüche und ein Fußweg mit liebevoll gestalteten Holzschildern geht durch die Mangroven bis zur Straße nach Ashton.

Fußgängerbrücke
Nett. Nur gibt es in der Marina-Bauruinue keine Schildkröten mehr.

Ashton erreichen wir zu Fuß um die spätere Mittagszeit. Der Ort wirkt trostlos. Wir setzen uns zu den Einheimischen in eine Bar, den einzigen Ort mit Leben. Die Locals hängen rum, ein paar spielen, Langeweile herrscht. Eine Frau trägt einen kleinen Jungen und sagt auf Nachfrage, der sei 6 Monate alt. Zwischendurch stillt sie ihn. Ein deutlich jüngerer Typ mit offensichtlichem Drogenspiegel tanzt vor dem Kleinen mit eindeutigen Unterleibsbewegungen und meint schließlich, der Kleine sei dafür wohl noch zu jung. Aus der Bar schreit es zu uns, ob wir ein Baby adoptieren wollten, wir könnten das Baby adoptieren. Reagieren tut keiner der Einheimischen darauf. Wir glauben, das Angebot war tatsächlich ernst gemeint. Die capitania schleicht in der Mittagshitze ziemlich deprimiert zum Dinghy zurück, das wir am Rand der Lagune gelassen hatten.

Wie gut, dass wir anschließend nett mit David und Ellie von der 51er Outremer Wanderer zusammen sitzen können. Sie ankern zum Kitesurfen in der Lagune. Ausgiebig begutachten wir die beiden Outremers und tauschen uns aus. Immer wieder interessant, so ein Austausch unter Schiffseignern, insbesondere, wenn das Schiff aus derselben Werft stammt! Die capitania genießt das Zusammensein wie ich, war aber von Ashton so gefrustet, dass sie noch am Abend zurück nach Clifton will.

Als wir am anderen Tag nachmittags mit einer Taxirundfahrt durch Ashton kommen, ist der Ort wie verwandelt. Schulkinder in Schuluniformen laufen durch den Ort, Leute sind auf der Straße. Alles wirkt viel freundlicher und lebendiger als am Tag zuvor. Der Taxifahrer meint, in Ashton lebten viele ältere Leute, die in der Zeit zwischen 12 Uhr bis 14 Uhr ruhten, dann sei alles zu. Viele Junge wanderten von Union Island ins Ausland ab. Der Taxifahrer erzählt, bei 6 Kindern gingen zB 4 ins Ausland, 2 blieben bei den Eltern auf der Insel. Er zeigt uns bei Ashton 3 große Häuser, die 3 Brüdern gehören, die hier nach ihrer Rückkehr aus den USA leben.

Er erklärt uns auch, der Brunnen von Ashton sei salzig. Daher wohl die trostlos verlotterte Bar auf dem Foto unten. Sie befindet sich am heute unbrauchbarem Brunnen. Während früher beim Wasserholen dort wohl Leben herrschte, verfällt heute alles vor sich hin.

Brunnen und verlotterte Bar Ashton

Die Taxifahrt ist eine im Sammeltaxi und mal wieder ein Erlebnis. Der Fahrer muss während unserer Inselrundfahrt die Kinder aus zwei Kindergärten abholen und bei ihren Eltern abliefern. Sein Begleitfahrer holt die Kinder ab und hilft den 4-6 jährigen beim Ein-und Aussteigen. Das Auto ist knackvoll und Trubel herrscht.

Boatboy & Chatham Bay:

Ja und gestern gings in die Chatham Bay zurück. Zurück deshalb, weil wir auf dem Weg nach Clifton Harbour dran vorbei gesegelt sind. Und da kommt unser cooler Boatboy aus der Einleitung ins Spiel.

Der Typ kam gleich bei der Einfahrt auf uns zu und machte den Job offenbar noch nicht lange. Er wollte mir einen Ankerplatz zeigen – was an sich ja ganz nett ist. Nur ist die Chatham Bay riesig, war fast leer als wir einliefen, es gibt keinerlei Riffe oder Gefahrenstellen, man kann praktisch überall und auf Sand ankern. Vielleicht mit Ausnahme der Stelle, die er mir zeigen wollte: Denn genau die war voller Seegras. Ich ankerte daher dort wo ich es für passend erachtete. Anschliessend kam er längsseits. Recht unsanft, da extrem ungeschickt im Umgang mit dem Aussenborder, und hinterliess da schon ein paar Kratzer und Farbspuren.

Das passierte auch schon anderenorts, damit muss man hier rechnen. IdR schlucke ich sowas wohlwollend runter. Ich will nicht gleich auf Konfrontation mit den Locals gehen, ich bin schliesslich Gast und ich möchte ein entspanntes Verhältnis. Sinn und Zweck solcher Aktionen ist – neben der Aussicht auf ein kleines Trinkgeld für geleistete Ankerhilfe – auf irgendeine Bar oder ein Restaurant aufmerksam zu machen, idealerweise auch gleich eine Reservierung entgegen zu nehmen. So wars auch hier. Wir haben uns – obwohl mich sein ungeschicktes Manövrieren da schon nervte – erst mal nur bedankt und ihn – höflich und respektvoll wie immer – auf später vertröstet.

Wenn wir den Strand mit seinen wenigen kleinen und noch kleineren Bars erstmal besichtigen konnten. Gegen 16:00, als wir zurück auf der INVIA sind, kommt er dann auch wieder, mit seiner Freundin Nathalie an Bord. Wollte wohl nachfragen, ob wir in ihr Restaurant kommen. Anstatt dann rechtzeitig einzulenken um längsseits zu gehen, knallt er mit dem Bug in die Backbordseite. Unterhalb des Fensters, zum Glück nicht ins Fenster. Ja, was soll man da nun machen? Wärs einem anderen Segler passiert, würde ich die Versicherungsdaten austauschen oder mich sonstwie einigen. Aber eine Versicherung haben die Boatboys hier wohl kaum und Geld erst recht nicht. Immerhin wartet er ab, bis ich mir alles ansehen kann. Die ebenfalls genervte capitania gibt ihm zu verstehen, er solle auf keinen Fall wieder kommen, und so zieht er ab.

Es ist kein struktureller Schaden, aber mehr als ein optischer. Und es kann Wasser ins Sandwich – Laminat eindringen. Ich werde daher die Stelle mit GelCoat Repair und Duck Tape abdichten. Dann können wir bis Trinidad erstmal weiter gehen. Dort muss dann eine professionelle Reparatur erfolgen.

Für gestern Abend hatte ich mir Lobster vorbestellt – aber in einem anderen Restaurant gleich neben dem, wofür der ungeschickte Holzbootfahrer Gäste akquirieren wollte. Der Lobster war im Sunset Cove übrigens richtig gut ebenso wie das Holzfeuer, das am späteren Abend vor dem Restaurant am Strand angezündet wurde.

Komplette Bildergalerie:

2 Antworten auf „Salzpfeifen, Inselbauer, Boatboys & gefälschtes Trinkwasser“

  1. Mensch, dass mit dem Gelcoat-Schaden ist aber auch ärgerlich! Bis jetzt haben wir zum Glück nur Schrammen und Farbstriemen.
    Aber schön ist das Cruiserleben trotzdem. Bis hoffentlich bald mal wieder. Uli

    1. Die Boatboys können einem schon recht auf die Nerven gehen. Ich versuche dennoch höflich zu bleiben auch wenn das manchmal schwierig wird. Umso begeisterter bin ich von Petit Martinique wo wir grade Anker geworfen haben. Kein Mensch interessiert sich für uns, das Leben auch an Land geht einfach weiter. Und weit und breit kein Welcome Komitee

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