Kaum 3 Tage in Grenada – schon gibt es Sturmwarnung!

Das, was da laut Predict Wind in wenigen Stunden auf uns zurollt, sieht ungemütlich aus: Wind in Orkanstärke!Aber der Reihe nach:Wir klarieren am Donnerstag den 31.10.2019 in Chaguaramas, Trinidad, aus. Dauert so rund 2h. Insgesamt, will heißen Immigration und Zoll zusammen gerechnet. Bis alle Formulare ausgefüllt sind und wir an der Reihe sind. Gekostet hat es – Nichts. An sich wären wieder 50 TT fällig, die Dame beim Zoll weist mich auch darauf hin. Meint dann aber, das fordert sie nicht ein, sei alles gut so, wir sind ja nette Leute. Obwohl ich in verschwitzten Seglerklamotten und Sandalen vor ihr stehe. Voran gegangen war ein nettes kurzes Gespräch mit der capitania und unsere Entschuldigung, weil wir fälschlicherweise erst zum Zoll sind (die korrekte Reihenfolge ist: 1. Immigration, dann 2. Zoll).

Wegen King Tide kein Tobago

Die Überlegung, erst mal bis Tobago zu gehen, lassen wir fallen. Es herrscht noch immer King Tide: Außergewöhnliche Gezeiten mit besonders hoher Flut. Das passiert dann, wenn der Mond auf seiner elliptischen Umlaufbahn der Erde besonders nahe kommt und gleichzeitig die Sonne in Linie steht. Kommen dann auch noch Venus und Mars in Linie dazu, gibt es zusätzliche Gravitationseffekte.Jedenfalls führt dieses Phänomen zu besonders hoher Flut, die so manche Küstenstraße unter Wasser setzt. Es sorgt ferner für langgezogene höhere Wellen. Die auf See völlig unproblematisch sind – sich dann an Land aber brechen. Per Facebook erfahren wir die aktuelle Lage in der Crown Bay in Tobago: In der Bucht müssten wir idealerweise ankern, um dann zum Einklarieren mit dem Taxi nach Scarborough zu fahren. Vor Anker zu liegen sei etwas schwellig, aber machbar. Nur mit dem Dinghy an Land kommen sei fast unmöglich. Die langgezogenen Wellen bauen sich zum Strand hin auf und brechen dann.

Unser Weg von Trinidad nach Grenada (dicke rote Linie)
Wir haben daher gleich für Grenada ausklariert und gehen unter Motor die Nordküste von Trinidad entlang. Nahe an der Küste um nicht ganz dem Nord-Äquatorialstrom ausgesetzt zu sein, der mit bis zu 2,5kn gegen uns steht. Wir wollen sehen, ob wir an einer der Buchten uns ein paar Stunden vor Anker legen können.

Piratenstrategie

Aufgrund der Gefahr durch venezolanische Piraten, die noch immer vorliegt, will ich 2 Dinge machen:

  1. In der Nacht segeln. Denn nachts trauen sich die Piraten mit ihren schnellen Holzbooten aus Venezuela nicht aufs offene Meer, zumal sie keine Navigationsinstrumente haben. Und damit idR. auch nicht umgehen könnten.
  2. Östlich der Öl- und Gasplattformen vorbei, in mind. 10 nm Abstand. Die Piraten orientieren sich an den Plattformen, die man von der westlich gelegenen venezolanischen Küste aus schnell sehen kann. Östlich davon sind wir nicht nur deutlich weiter von Venezuela entfernt – es fehlt den Piraten auch diese wichtige Navigationshilfe.
    Um aber nun östlich gegen Wind & Strom daran vorbei zu kommen, müssen wir erst mal unter Motor Raum aufbauen.

Wie befürchtet, steht an der Nordküste zu viel Schwell in die Buchten rund um die Las Cuevas Bay.

Las Cuevas Bay
Schwell an der Nordküste
Schauer, Gewitter und Regenbogen an Trindads Nordküste
Das Wasser dampft nach dem Regen
Wir setzen Segel und drehen ab, Kurs zunächst fast Richtung Barbados. Etwa 1h später erreicht uns der Wind, der Motor kann aus gemacht werden. Bei 10 – 15kn Wind & wenig Welle (die langgezogenen Wellen spürt man nicht auf hoher See) segeln wir im 2ten Reff durch die Nacht. Sobald wir die Riggs weit genug an Osten passiert haben, nehme ich direkten Kurs auf die Südspitze von Grenada. 8 nm vor Grenada kommt im Dunkeln das Groß komplett weg. Mit stark gereffter Fock geht es bei 3 – 4 kn Fahrt durchs Wasser aber rund 5 – 6 kn Fahrt über Grund dem Ziel entgegen. Der Strom schiebt uns jetzt ordentlich an. Wir sind immer noch zu schnell, denn ich möchte Grenada erst im Morgengrauen erreichen. Zum Ankern will ich Tageslicht. Näher zur Küste lässt der Strom nach und kentert teilweise sogar – das passt dann.

Ankunft in Grenada

Die Prickly Bay ist voll!
Wir ankern fast an derselben Stelle wie im Mai. Nahe einer Flachwasserzone – die von den meisten Seglern gemieden wird, bei unserem geringen Tiefgang aber kein Problem darstellt.Kurz ausruhen, ins Wasser springen, Duschen, das morgendliche Cruiser´s Net um 07:30 auf Kanal 66 abhören. Das geht 45 Minuten lang – es liegen so viele Segler hier und gibt jede Menge zu berichten. Danach ins Dinghy um John Hoven aka „Fast Manicou“ eine leere Sodastream Kartusche zum Füllen übergeben. „Fast Manicou“ versorgt die Segler hier mit allem Möglichen: Getränke, diverse Lebensmittel in Großhandelsmengen. Er übernimmt auch das Befüllen von Taucher-, Propangas- und Sodastream-Flaschen. Am nächsten Tag – in unserem Fall Montag wegen des Wochenendes – kann man die Flaschen wieder abholen. Er bringt sie direkt zum Dinghy-Steg.

Friseur & Shopping

Am Samstag fahren wir mit dem Minibus nach St. Georges. Friseur bei captain & capitania ist angesagt. Rundherum werden Rastazöpfe geflochten – wir bleiben klassisch europäisch.

Friseurbesuch in Grenada
Friseurbesuch in Grenada
Friseurbesuch in Grenada
Und danach Shopping in der Spice Islands Mall.

Plastik, Plastik, Plastik!

Im Mai sahen wir in Panama noch das typisch-amerikanische Verhalten im Umgang mit unserer Umwelt: Hinter jeder Kasse steht ein Boy, der die Einkäufe in Gratis-Plastiktüten packt. Großzügig: Keine Plastiktüte wird voll gemacht, ganz schnell hat man 10 oder 20 Tüten beisammen. Und bei schweren Sachen wie Getränken bekommt man immer gleich 2 Tüten ineinander. Im Oktober bei unserem Zwischenstopp in Panama gabs das nicht mehr: Plastiktüten kosten jetzt Geld und man wirbt für wiedervwendbare Stofftaschen. Zwar gabs stellenweise noch Aktionen wie eine nachträgliche Gutschrift für die Gebühr, aber wir sahen erheblich mehr Menschen mit wiederverndbaren Eoinkaufstaschen als noch ein halbes Jahr zuvor.In der Karibik, zumindest in Grenada, ist man noch nicht so weit:

Unglaublich, wie viele Einkäufe immer noch in Plastiktüten nach Hause genommen werden!
Die Tüten auf dem Bild gehören übrigens nicht zu uns. Wir haben einen Rucksack und unsere eigenen Einkaufstaschen mit gebracht. Unnötiges Plastik lehnen wir dankend ab. Unser Schokoladeneinkauf, einmal durch die Hersteller gekauft – lecker! – passt gut in die Kühltasche und kommt unversehrt auf der Invia an.
Schokoladeneinkauf
Samstag abend dann in die Umbrella Bar:
Samstagabend Livemusik Umbrella Bar
Umbrella Bar
Mein 1. Lobster der Saison. Mega-lecker und mit umgerechnet 25 Euro bezahlbar. Und erst die Cocktails – fantastisch!

Ein Sturm zieht heran!

Sonntagmorgen dann aktualisiere ich die Windvorhersage. Ich verwende primär Predict Wind mit dem kostenpflichtigem Standard Account. Das ist ein kommerzieller Anbieter mit eigenen Modellen, bei dem ich auch die Polardaten für unser Schiff hinterlegt habe. Eine gute Lösung, um sich z.B. auch auf hoher See per Iridium-Satellit Wetterprognosen und Routenvorschläge zu holen.

PWE Modell von Predict Wind
Das Modell PWE von Predict Wind verheisst nichts Gutes. Wind in Orkanstärke von 50kn / 90km/h
Das PWG Modell von Predict Wind
Uff – da kam dann doch sehr schnell etwas Hektik auf. Ein Sturm mit Wind in Orkanstärke, also über 50 kn. Bzw. 90 km/h, soll den Süden von Grenada erreichen.Und noch dazu mit Wind aus Süden – der einzigen Richtung, zu der hin die gut geschützte Prickly Bay offen ist!Ich überlege noch, ob es Sinn macht sich nach Hog Islands zu verlegen. Die Bucht ist um die Ecke und gegen Süden zumindest ein bisschen geschützter. Aber vermutlich ist es dort noch voller als hier und ich habe lieber etwas Platz. Zumal man auch nie weiß, wie der Anker des Vordermanns hält. Ich tauche den Anker ab um mich zu versichern, dass er gut eingegraben ist. Gebe noch etwas mehr Kette – mehr als 5m zusätzlich will ich aber auch nicht sonst kommen wir dem Monohull hinter uns zu nahe. Ich mache INVIA sturmsicher: Binde die LazyBag mit dem Großsegel zusammen und verzurre alles, was lose werden könnte. Verwundert sehe ich, dass sich nirgendwo sonst jemand vorbereitet. Auch via Funk vernehme ich keinerlei Warnungen.Und: Alle anderen Wettermodelle – von Predict Wind wie auch diverse andere Anbieter & Gratis-Infostellen – vermelden nichts Besonderes.Via der Facebook-Gruppe „Grenada Cruisers Information“ tausche ich mich mit den wenigen anderen aus, die grade in der Gruppe online sind. Die meisten davon nutzen ebenfalls Predict Wind und sind genau so verwirrt. Wir sind uns einig: Da liegt ein Rechenfehler vor. Predict Wind hat tags zuvor seine Algorithmen beim PWE- und PWG-Modell erweitert. Und nur diese 2 Modelle errechnen überhaupt einen aufkommenden Sturm.

Blinder Alarm also – alles andere ergibt keinen Sinn.

Wir hoffen, dass es so ist. Und je mehr Zeit vergeht und je näher die vermeintliche Sturmfront rücken soll, während es hier ruhig bleibt, umso mehr wird aus dieser Hoffnung Sicherheit.Ein orkanartiger Sturm wäre um diese Jahreszeit und soweit im Süden der Karibik auch extrem unwahrscheinlich.

Eine Antwort auf „Kaum 3 Tage in Grenada – schon gibt es Sturmwarnung!“

  1. Ja, die Wettervorhersagen sind wirklich besser geworden. Aber es gibt immer mal Fehler. Gut sich ein eigenes Bild zu machen. Da sieht man den Skipper mit Erfahrung und Verantwortung.
    Euch eine gute Zeit in der Karibik von Uli und Martina

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