Auf nach Tunesien: Der 3. Versuch

Der dritte Anlauf klappt!
Die Überfahrt nach Tunesien verläuft reibungslos. Gut, reibungslos ist relativ: Unsere Mängel- und Fehlerliste wächst ständig. So manches wie ein ständig ausfallender Autopilotcomputer nervt. Anderes nehmen wir erstmal zur Kenntnis, und über manch Anderes zucken wir nur noch mit den Achseln. Wenn beim Wassermischer der Dusche Blau = Heiss und Rot = Kalt bedeutet, so nehme ich das mit Humor und gewöhne mich dran. Schliesslich werden ja auch Rot & Grün der Schiffahrtszeichen ab der Karibnik ihre Bedeutung wechseln. Also kann man da ja schonmal seine Flexibilität trainieren.

Auf dem Wasser ist es kalt. Während den Nachtwachen und in den frühen Morgenstunden kommt mein alter Skianzug zum Einsatz: Er ist mollig warm und winddicht. Diese niedrigen Temperaturen sind nicht mein Ding, und ich fühle mich bestätigt in der Entscheidung, KEINE Heizung eingebaut zu haben.

Klingt unlogisch?

Ist es nicht, denn uns wurde wieder einmal klar: Zum Fahrtensegeln wollen wir es warm haben. Also wollen wir auch möglichst schnell in wärmere Gefilde wie die Karibik kommen. Da brauchen wir dann sowieso keine Heizung. Und für die kurze Zeit, in der wir mit INVIA im Mittelmeer während der kälteren Jahreszeit unterwegs sind genügt die AirCon vollauf. Die lässt sich ja auch als Wärmepumpe zum Heizen umfunktionieren. Und für ganz kalte Tage & Nächte haben wir den Generator und zwei elektrische Heizlüfter an Bord.

Julien ist ein wahrer Schatz. Er vermittelt uns allen auf dieser Jungfernfahrt Ruhe und Gelassenheit, so dass sich unsere anfängliche Nervosität legt. Wie gesagt: Es ist unser erstes eigenes Schiff.

Mitten auf dem Wasser, weitund breit kein Land in Sicht, landet dieser völlig erschöpfter Besucher

Bedingt durch all die Startschwierigkeiten (Anderes Flaggenregister, Diesel, Autopilot) sind wir später als geplant unterwegs. Das war nicht im Sinne der capitania: Die feiert nämlich ihren runden Geburtstag jetzt auf See! Schon 1 Jahr im Vorfeld hatte sie immer wieder kund getan, genau das nicht zu wollen. Ergo hatten wir geplant, diesen Ehrentag entweder in Tunesien oder auf dem Rückweg in Sardinien feierlich zu würdigen. Daraus wird leider nichts. Aber inzwischen ist auch sie vom INVIA-Fieber gepackt und empfindet es gar nicht mehr so schlimm. Und außerdem habe ich einen supertollen Geburtstagskuchen an Bord geschmuggelt:

Segeln ist trotz der Kälte herrlich. Das Grundkonzept und das Design der Outremer überzeugt und vermittelt Vertrauen. Trotz mancher Schlamperei beim Bau – Design & Konzept sind großartig. Gegen Ende des Törns kommt Seegang und Wind auf, 4m hohe Wellen schräg von Achtern: Mühelos pflügt die INVIA ihre Bahn, liegt beinahe ruhig wie ein Brett im Wasser. Wir hasben uns defintiv für das richtige Schiff entschieden.

Je näher wir Bizerte kommen, umso mehr frischt der Wind auf. Die Küste kommt in Sicht. Wir wollen nicht übertreiben und ziehen das 2. Reff ein, machen etwas langsam und segeln mit 10 – 11 kn der Einfahrt entgegen.
Freundlich werden wir vom Hafenmeister per Megafon begrüßt. Wir melden uns auf Kanal 9 und bekommen einen Platz zugewiesen. Glücklicherweise können wir längsseits gehen, zwischen einem Monohull und einer Motoryacht mit ausreichend Manövrierraum. Denn inzwischen bläst es mit 30 Knoten, in Böen bis an die 40 – da machen Hafenmanöver keine Freude.

Das Einklarieren wird, wie erwartet, lustig. Nacheinander kommen Polizei, Immigration und Zoll an Bord. Jeder fordert mehr oder weniger zurückhaltend, aber immer freundlich, Bakschisch. Ich lehne ebenso freundlich ab. Ganz besonders dreist ist der Zöllner. Er fragt gradeheraus, ob wir uns nur anmelden wollen – oder ob wir auch ein Papier zur Vorlage bei einem EU Beamten brauchen. Das Anmelden wäre gratis – aber das Papier, das würde kosten. Er lässt zunächst nicht locker – ich gebe aber auch nicht klein bei. Schließlich, nachdem wir Dutzende Formulare ausgefüllt hatten, gibt er klein bei und wir bekommen die offiziellen Einklarierungsunterlagen. Und ausklariert werden wir auch gleich wieder für den nächsten Tag.

Bizerte entpuppt sich als ausgesprochen nettes Städtchen. Überall begegnet man uns freundlich und zuvorkommend, ohne aufdringlich zu werden.

 

 

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